Gletscherschmelze, Trockenheit und extreme Lebensformen: Tschechische Südpolarforscher zurückgekehrt

Gregor-Mendel-Polarstation

Es war diesmal ein sehr unruhiger Aufenthalt: Zum 20. Mal haben tschechische Wissenschaftler auf der James-Ross-Insel geforscht. Doch sie hatten wegen Wetterkapriolen und einem Schiffsschaden deutlich weniger Zeit als sonst. Dennoch konnten sie weitere Erkenntnisse über den Klimawandel vor Ort gewinnen.

Georg-Mendel-Polarstation | Foto: Jan Russnák,  Archiv der Masaryk-Universität in Brno

Seit 2004 reisen Wissenschaftler der Masaryk-Universität in Brno / Brünn jedes Jahr in die Antarktis. Meist verbringen sie mehrere Wochen in der Johann-Gregor-Mendel-Polarstation. Diese liegt auf der James-Ross-Insel, das heißt nahe der Küste des antarktischen Festlandes. Gerade dort ließen sich der Klimawandel und seine Folgen gut beobachten, sagt Daniel Nývlt. Der Geograph hat auch in diesem Winter wieder die Forschungsreise geleitet, von der die Wissenschaftler vor ein paar Tagen zurückgekehrt sind:

„Das ist sozusagen unser Vorgarten. Dort zeigen sich schon jetzt Veränderungen, die in Zukunft in der Antarktis noch viel häufiger auftreten werden. Wir untersuchen nicht nur, wie die Gletscher weniger werden und sich der Permafrost verändert, sondern auch wie die Biota in diesem Randbereich der Antarktis darauf reagiert.“

Mit Biota werden alle Lebewesen der Umwelt bezeichnet, also nicht nur Tiere, sondern auch sämtliche Pflanzen oder Flechten.

Die Forscher aus Tschechien verfolgen die Veränderungen bereits seit zwei Jahrzehnten. Doch der diesjährige Aufenthalt im ewigen Eis war der bisher kürzeste. Zunächst verzögerten ein Unwetter und ein Schiffsschaden die Anreise. Dann mussten die Experten früher wieder nach Hause aufbrechen, weil sich um die Insel herum starkes Eis bildete. Anstatt sechs Wochen verbrachten sie daher nur zweieinhalb in der Polarstation. Dies habe dennoch für die nötigsten Tätigkeiten vor Ort gereicht. Zudem sagt Nývlt:

Daniel Nývlt | Foto: Ludmila Opltová,  Tschechischer Rundfunk

„Unsere Arbeit endet ja damit nicht. Denn die allermeisten von uns haben eine große Menge an Proben aus der Antarktis an die Universität mitgenommen. Und diese werden in den kommenden Monaten in unseren Laboren analysiert.“

Einer, der sich mit Proben eingedeckt hat, ist der Biologe Miloš Barták. In seiner Sammlung befinden sich nun weitere Flechten, Moose und Cyanobakterien. Diese will Barták darauf untersuchen, wie sie sich an die Veränderungen in der Antarktis anpassen…

„Es geht dabei sowohl um die langfristigen Trends der globalen Erwärmung als auch um Extrem-Ereignisse. Mit dem Zweiten sind unter anderem schnelles Gefrieren gemeint oder auch hohe UV-Strahlung. Es geht darum, wie die Moose und Flechten den Zyklen des Einfrierens und Auftauens trotzen. Erstaunlicherweise kann ihnen selbst das Schockgefrieren auf Temperaturen weit unter null nichts anhaben.“

Foto: Masaryk-Universität in Brno,  CC BY 3.0 CZ DEED

In einer weiteren Testreihe steht das Problem der verschwindenden Ozon-Schicht über der Antarktis im Mittelpunkt. Miloš Barták wird dann seine Moose und Flechten im Labor hoher UV-Strahlung aussetzen – und sich anschauen, ob sie auch diese überleben. Denn es gelte herauszufinden, wie diese Lebewesen auf grundlegende Veränderungen vorbereitet seien, so der Wissenschaftler.

Die tschechischen Experten beobachten auf der James-Ross-Insel schon seit langem steigende Temperaturen. Die Folge sei ein schnelles Austrocknen der dortigen Böden, sagt der Klimatologe Kamil Láska:

„Durch die Trockenheit werden bei höheren Windgeschwindigkeiten Staubteilchen aufgewirbelt. Die setzen sich anschließend auf den Eisbergen ab, die davon dunkler werden. Dadurch wird weniger Sonnenlicht absorbiert, was in der Folge dazu führt, dass das Eis schneller schmilzt.“

Die gesammelten Daten von der Antarktis werden die Forscher nun etwa ein Jahr lang untersuchen. Dann – so hoffen sie – werden sie wieder ins ewige Eis aufbrechen, zu ihrer 21. Expedition.

Autoren: Till Janzer , Michal Šafařík
abspielen