Die kleinste Regierungspartei in Tschechien, die Partei der öffentlichen Angelegenheiten, macht Wind. Bei ihrem Kongress am Wochenende hat sie Änderungen des Koalitionsvertrags gefordert und Bedingungen für ihren Verbleib in der Regierung gestellt. Den Kongress in Prag, Ideenkonferenz genannt, hatte die Partei einberufen, um Konsequenzen aus ihrem Debakel bei den Kommunal- und Senatswahlen im Oktober zu ziehen.
Die Partei der öffentlichen Angelegenheiten ist der Juniorpartner in der Regierungskoalition. Doch so unbedeutend ist sie nicht: Immerhin hat ihr Parteichef Radek John mit dem Innenministerium ein Schlüsselressort inne. Und auch ein weiterer ihrer vier Minister, Bildungsminister Josef Dobeš, steht derzeit im Fokus. Das wenig schmeichelhafte Abschneiden der tschechischen Schüler im Pisa-Test schreit geradezu nach Reformen im Bildungswesen. Nun hat die Partei der öffentlichen Angelegenheiten auf ihrer so genannten Ideenkonferenz zudem den Beschluss gefasst, die Einführung von Studiengebühren in die nächste Legislaturperiode zu verschieben:
Josef Dobeš (Foto: ČTK)
„Da geht es um zwei Sachen: zum einen die Reaktion unserer Parteibasis und zum anderen die Konsultation mit Fachleuten, vor allem mit den Hochschulrektoren, die sagen, dies würde einen hohen Verwaltungsaufwand bedeuten“, so Dobeš am Rande der Parteikonferenz. Das Problem jedoch: Die Einführung von Studiengebühren ist im Koalitionsvertrag verankert – und die Partei der öffentlichen Angelegenheiten war damit sogar in den Wahlkampf gezogen. Die Koalitionspartner zeigen sich daher nicht gerade begeistert. Die stellvertretende Vorsitzende der Bürgerdemokraten, Miroslava Němcová:
Miroslava Němcová
„Ich kann mich erinnern, wie schwer wir den Koalitionsvertrag ausgehandelt haben, und ich finde es gut, dass die Studiengebühren ihren Weg dorthinein gefunden haben. Jetzt will ein Koalitionspartner das ändern, da sind aber noch zwei weitere. Sicher lässt sich verhandeln und mit der Zeit können Neuerungen im Vertrag nötig werden. Aber ich halte es für sehr unglücklich, in den schwer ausgehandelten Koalitionsvertrag einzugreifen.“
Hintergrund für die Forderung ist auch eine Diskussion um das Profil der Partei der öffentlichen Angelegenheiten. Die junge politische Kraft hatte im Herbst ein Debakel bei den Kommunal- und Senatswahlen erlitten. Die meisten Delegierten bei der Ideenkonferenz wollen ihre Partei jetzt deutlicher links von den beiden Koalitionspartnern sehen. Das heißt, sie soll bei den geplanten Reformen über die soziale Verträglichkeit wachen. Die Studiengebühren würden indes eine starke soziale Belastung bedeuten, sagte Parteichef John.
Karolína Peake, Kateřina Klasnová, Pavel Dobeš, Radek John und Vít Bárta (Foto: ČTK)
Zudem will die Partei überhaupt besser sichtbar werden. Deutlich wurde dies beim Kampf gegen die Korruption. So haben die Delegierten in einem Beschluss verlangt, dass die Regierung bis Ende 2011 dazu Gesetze ausarbeitet - Gesetze, die auf einem Maßnahmenpaket von Parteichef und Innenminister John basieren. Bei Nichterfüllung droht die Partei der öffentlichen Angelegenheiten mit einem Austritt aus der Regierung.