Rot-Weiße auf geht’s! Malteser bei Slavia willkommen

Slavia-Anhängerinnen (Foto: Martina Schneibergová)

Es scheint, dass die ausländischen Reisegruppen eine neue Touristenattraktion in Prag entdeckt haben: Nein, im Stadtkern erhebt sich kein neues architektonisches Meisterwerk. Es wurde auch kein xtes Wachsfiguren- oder Foltermuseum beziehungsweise irgendein anderes obskures Horrorkabinett in den Gässchen der Altstadt eröffnet. Auch wenn einem als Prager beim Wort Horrorkabinett im Moment wohl eher die neue Koalition im Prager Rathaus einfällt: Als Besichtigungsobjekt kommt es auch für einen wenig anspruchsvollen Touristen kaum in Frage.

Slavia-Anhänger
Baudenkmäler oder Museen sind passé. Immer mehr ausländische Besucher sind dem Zauber des Prager Eishockeyspiels verfallen. Dies ist meine persönliche Erkenntnis, die ich bei den Extraligaspielen von HC Slavia Prag in den letzten Monaten gewonnen habe. Und der Sportexperte unserer Redaktion bestätigte meine Erfahrung. Immer mehr Touristen strömen - nach dem obligatorischen Rundgang durch die Prager Burg - Richtung O2-Arena.

Für den HC Slavia ist dies ein höchst erfreulicher Trend. Da der Verein nur eine alte Sporthalle besitzt, muss er für seine Spiele die allzu große O2-Arena mieten. Vor allem bei Spielen gegen einen weniger attraktiven Gegner ist es dann ein Problem, genügend Zuschauer in die Halle zu locken und eine richtige Spielatmosphäre zu schaffen. Die Touristen greifen aber nun den Slavia-Anhängern unter die Arme. Hier einige Beispiele:

Beim Spiel Slavia gegen Pardubice konnte man direkt neben dem Slavia-Block eine Gruppe von Jungen nicht übersehen, die mit rot-weißen Fähnchen – also in den Slavia-Klubfarben – tüchtig winkten und eifrig den Namen „Slavia“ skandierten. Erst bei einem näheren Anblick stellte ich fest, dass es nicht gerade die Slavia-Fähnchen sind, die im Fanshop verkauft werden. Aber die Farben haben gestimmt. Als ich mich in die Skandierung der Jungs reinhörte, war es klar, dass sie nicht tschechisch „Slavie, do toho!“– also „Auf geht’s, Slavia!“, sondern irgendwas plus Slavia schreien. Aber sie unterstützten die Slavia-Spieler bis zum erfolgreichen Ende. Erst nach dem Spiel stellte ich fest, dass es eine Gruppe von dänischen Schülern war, die Fähnchen in den dänischen Nationalfarben mithatten.

Und beim jüngsten Slavia-Spiel gegen den HC Třinec hatte ich ein ähnliches Erlebnis. In den Reihen unter mir im Fan-Block standen etwa 20 Leute wieder mit rot-weiß-roten Fahnen, die nicht aus dem Slavia-Fanshop stammten. Es war eine österreichische Reisegruppe, die sich über jedes Slavia-Tor freute und fleißig die Fahnen schwenkte.

Jetzt bin ich neugierig, welche Touristen beim nächsten Slavia-Spiel erscheinen. Wenn es wie bislang nach den Nationalfarben gehen sollte, sind alle Malteser, Peruaner, Monegassen oder Bahreiner im Fanblock herzlich willkommen. Hauptsache, sie drücken Slavia die Daumen.

Fotos: Autorin