Sicherheit im Dschungel der Gütesiegel: Regierungsprogramm „Česká kvalita“
Seit acht Jahren gibt es „Česká kvalita“, auf Deutsch „tschechische Qualität“. Gemeint ist damit ein Programm der tschechischen Regierung, um die Zertifizierung von Produkten auf dem tschechischen Markt zu begutachten. Vergangene Woche wurden im Rahmen des Regierungsprogramms einmal mehr die Jahrespreise an Firmen verliehen, die besonders gute Produkte herstellen. Doch die Verbraucher scheinen davon nichts mitzubekommen, mit dem Begriff „Česká kvalita“ können sie kaum etwas anfangen.
„Ist das nicht das ´a´ auf den Lebensmitteln? Ja das kenne ich. Ich kaufe bevorzuge die Produkte mit dem ´a´, wenn ich sie im Laden sehe.“
Diese Frau irrt allerdings. Das „a“ steht nicht für die „Česká kvalita“. Es ist vielmehr das Logo für das staatliche Gütezeichen für Lebensmittel, die „Klasa“. Das Logo für die „Česká kvalita“ ist ein gebogener Pfeil mit einer Spitze, die an ein Herz erinnert. Dass das nur wenige wissen, ist paradox. Richtet sich das Regierungsprogramm „Česká kvalita“ doch gerade an die Menschen auf der Straße. Und es wurde bereits im Jahr 2002 gestartet.
„Das Programm entstand, um den Verbrauchern eine klare Richtschnur zu geben, welche Gütesiegel vertrauenswürdig und welche Etikettenschwindel sind. Das Programm garantiert den Verbrauchern, dass ein Produkt regelmäßig geprüft wird, und das vor allem von einer dritten, unabhängigen Instanz – also einer akkreditierten Überprüfungsstelle. Die Kontrollen werden regelmäßig wiederholt“, so David Kubla – wissenschaftlicher Mitarbeiter des Nationalen Informationszentrum zur Qualitätsunterstützung; das Informationszentrum koordiniert das Programm „Česká kvalita“. Geschaffen wurde das Programm, weil es keine Kriterien für die Vergabe von Qualitätssiegeln gibt. Im Prinzip kann sich jede Privatperson, jede Firma oder jede Branche einfach ein Logo ausdenken, „geprüfte Qualität“ draufschreiben und damit dem Verbraucher sagen: „Kauf dieses Produkt, es ist gut!“ Mit dem Programm „Česká kvalita“ will der tschechische Staat den Dschungel der Gütesiegel lichten. Etwas Ähnliches gibt es in Österreich mit dem Austria-Gütezeichen, in Deutschland existiert nichts Vergleichbares. In Tschechien hofft man nun auf eine maximale Reichweite, wie Kubla im Interview für Radio Prag sagte:„Das Programm ist offen. Wenn jemand das Gefühl hat, er habe ein Gütesiegel, das einen bestimmten Bereich abdeckt, dann kann er sich zum Programm anmelden. Es gibt da keine Beschränkungen. Im Programm haben wir Gütesiegel für Kinderschuhe, Kinderspielzeug, für umweltschonende Produkte, für Möbel, für den Onlineverkauf, für Baumaterial und viele weitere.“Insgesamt sind derzeit 20 Gütesiegel in die „Česká kvalita“ aufgenommen; und obwohl die Übersetzung ja „tschechische Qualität“ lautet, können auch Produkte ausländischer Firmen diese Gütesiegel und damit auch die Auszeichnung „Česká kvalita“ bekommen.
Warum aber wissen anscheinend nur wenige Verbraucher von dieser Qualitätsbeurteilung? David Kubla versucht eine Antwort:„Da muss ich leider uns selbst gegenüber kritisch sein. Das Programm läuft zwar seit 2002, aber die Finanzmittel sind im Vergleich zu anderen Programmen ziemlich begrenzt. Wir versuchen also mit wenig viel zu erreichen. Ich glaube, ich muss mir da keine Illusionen machen, dass alle Verbraucher die ´Česká kvalita´ kennen würden. Immerhin bessert sich das etwas in der letzten Zeit, auch in den Läden ist hier und dort ein Gütesiegel zu sehen.“
Jedes weitere Produkt mit einem Gütesiegel helfe, dass sich die „Česká kvalita“ unter den Verbrauchern herumspreche, befindet Kubla. Doch was zählt beim tschechischen Verbraucher? Ist es der Preis oder die Qualität?
„Natürlich fordern die Verbraucher hier nicht so sehr Qualität, sondern orientieren sich stark an den Preisen. Auf der anderen Seite darf man nicht schwarz-weiß denken. Die Verbraucher suchen mehr als noch vor einigen Jahren auch nach Qualität, abhängig natürlich von den finanziellen Möglichkeiten, die sie haben, was sie sich also leisten können“, so Kubla.
Einen Vergleich mit dem deutschen Markt will David Kubla nicht wagen. Er glaube aber, in Tschechien gibt es da noch etwas aufzuholen.
Doch es gibt auch Bereiche, in denen Qualität einen hohen Wert zu haben scheint: bei Kinderschuhen. Das Gütesiegel für Kinderschuhe heißt „Žirafa“, also Giraffe – und das afrikanische Tier ist natürlich auch im Logo zu sehen. Der Schuhfabrikant Konsorcium T+M aus Blansko / Blanz in Südmähren hat sich bereits 2008 das Gütesiegel gesichert. Sowohl die Giraffe, als auch der gekrümmte Pfeil der „Česká kvalita“ zieren seitdem das Kinderschuhsortiment der Firma. Die Prüfung vor der Vergabe des Gütesiegels sei umfassend, sagt Unternehmensleiter Antonín Žirovnický:„Zum einen ist das eine gute Konstruktion des Schuhs, dann die Verwendung guten Materials. Und als Drittes soll der Schuh geschmeidig sein und eine geeignete Form haben.“Žirovnický hat zudem gute Erfahrungen gemacht. Seine Kunden könnten mit „Česká kvalita“ im Verbund mit dem Gütesiegel „Žirafa“ durchaus etwas anfangen, glaubt er:
„Das sind prestigeträchtige Auszeichnungen, die auch wahrgenommen werden von den Müttern oder der Generation, die kleine Kinder hat. Weil dafür gute Reklame gemacht wird, geraten sie beim Verbraucher auch immer stärker ins Bewusstsein. Wenn die Kunden Schuhe mit dem Logo „Česká kvalita“ oder „Žirafa“ sehen, dann kaufen sie diese eher als billige asiatische Importe.“
Und das habe sich in Tschechien zumindest schon in klingender Münze bezahlt gemacht, wie der Leiter von Konsorcium T+M weiter verrät:
„Ungelogen: Seit wir Schuhe der höchsten Qualität herstellen und sie auch prüfen lassen, hat sich der Verkauf bei uns verdoppelt. Ich finde es aber schade, dass es nichts Vergleichbares in den Nachbarstaaten in Europa gibt. Dort würden wir uns auch gerne auf dem Markt festsetzen.“
Die Kinderschuhe der Firma Konsorcium T+M sind im Übrigen dieses Jahr im Rahmen des Programms „Česká kvalita“ ausgezeichnet worden. Vergangene Woche konnte Žirovnický in Prag den Preis entgegennehmen.