Regierung unterstützt Gesetz über antikommunistischen Widerstand – trotz Kritik der Fachwelt
Drei Wellen des Widerstandes zählt die neueste tschechische Geschichte: die erste im Ersten Weltkrieg gegen die Habsburger Monarchie, die zweite im so genannten Protektorat Böhmen und Mähren gegen die Nazis und die dritte nach dem Zweiten Weltkrieg gegen das kommunistische Regime. Der Kampf gegen den Kommunismus ist indes in Tschechien ein heiß diskutiertes Thema: Wo begann er und was fällt alles unter den Begriff? Nun steht ein Gesetz kurz vor der Verabschiedung, das die Anerkennung dieses auch „Dritten Widerstand“ genannten Kampfes regeln soll. Nicht nur die linksgerichtete Opposition, sondern auch Fachleute haben jedoch Einwände.
„Ziel der Gesetzesvorlage ist es, die Teilnehmer am Widerstand gegen den Kommunismus zu entschädigen und anzuerkennen. Ich möchte betonen, dass es vor allem um eine moralische Anerkennung all jener geht, die sich gegen das kommunistische Regime gewandt habe. Die Regierung sieht dies als eine Schuld gegenüber der tschechischen Gesellschaft an.“
Doch umstritten ist, was alles als Widerstand gegen die Kommunisten gelten soll. Anders als im Zweiten Weltkrieg gegen die Nazis gab es praktisch keine organisierten Widerstandsgruppen. Ob jemand Widerstandskämpfer war und in welchem Umfang soll deswegen dem Gesetz nach das Verteidigungsministerium entscheiden, auf Bestätigung des Instituts für das Studium totalitärer Regime. Damit erhalte das Institut aber die alleinige Hoheit zur Deutung der Geschichte, kritisiert die Opposition aus Sozialdemokraten und Kommunisten, sie haben im Senat dem Gesetz daher nicht zugestimmt. Aber auch Fachleute stehen dem skeptisch gegenüber. So der Journalist und Publizist Adam Drda, der eine Reihe Dokumente über Widerstandskämpfer gedreht hat:
„Die Staatssicherheit hat viele Gerichtsverfahren konstruiert. Viele der Leute, die dies betraf, waren unschuldige Opfer der Verfolgung, aber keine Widerstandskämpfer. Es ist daher sehr schwer, ohne ausreichend Zeugen und Dokumente zu rekonstruieren, wer sich wirklich am Widerstand beteiligt hat und wer einfach nur Opfer war.“Zudem schließe das Gesetz von vornherein ehemalige Mitglieder der KPČ aus, dabei hätten sich selbst Kommunisten gegen das Regime gewandt, so Drda. Des Weiteren hätten sich die Formen des Widerstandes in den gut 40 Jahren Kommunismus stark gewandelt, und auch der passive Widerstand in den 70er und 80er Jahren sei hart bestraft worden. Aus menschlicher Sicht müssten also die Kriterien bei der Anerkennung eher weich sein. Aus wissenschaftlicher Sicht ginge das wiederum nicht:
„Es droht nämlich, dass wir damit einen Umfang des Widerstands konstruieren, den es gar nicht gab. Und damit schaffen wir per Gesetz historische Wahrheiten, auf Papier von staatlichen Institutionen anerkannt. Darin sehe ich ein sehr großes Problem.“Das Gesetz habe indes auch einige positive Regelungen, so die Aufhebung von Reststrafen, die immer noch nicht überall vollzogen sei, so Drda. Und die Möglichkeit für jene Widerstandskämpfer, die den Status eines Kriegsveteranen erhalten, im Alter soziale Einrichtungen des Staates zu nutzen.
Trotz der Kritik aus der Fachwelt scheint die Annahme des Gesetzes entschieden: Die Zustimmung der Regierungsmehrheit im Abgeordnetenhaus gilt als Formsache.