Nationalfeiertag: Klaus´ privates Marketing und die Vaterlandsliebe
In den Kommentarspalten der tschechischen Zeitungen ging es am Freitag unter anderem um den Tag der Staatsgründung am 28. Oktober sowie die Ansprache von Staatspräsident Václav Klaus bei den Feierlichkeiten.
„Václav Klaus weiß, dass er wegen seiner Rolle auf dem internationalen Parkett auch ein persönliches Thema haben muss. Ob es die Transformation der Wirtschaft war, die Kritik am vorherrschenden Modell der europäischen Integration oder die Doktrin der globalen Erwärmung - es ging niemals nur um die Sache und ihre Bedeutung für die Tschechische Republik. Es war immer auch ein Instrument von Klaus´ privatem Marketing. (…) Im zweiten Teil seiner gestrigen Ansprache brachte der Präsident das vor, was sicher sein neues Thema sein wird: die Bedrohung durch eine globale Weltherrschaft. Das befindet sich aber noch in der Testphase und daher wissen wir nicht, was Klaus genau meint hat.“
Kommentator Jiří Fraňek verbindet in der Právo seine Überlegungen zum Wesen der Vaterlandsliebe in Tschechien mit einer Kritik von Klaus´ Ansprache:„Dieser Staat ist ganz anders, als jener, der vor 92 Jahren entstand. Das Bewusstsein für die Traditionen der Ersten Republik ist schwach. Es würde sich lohnen, die heutigen jungen Männer zu fragen, ob sie nicht willens wären, für diese Republik zu kämpfen. Aber nein, wir haben heute ja eine Berufsarmee und keine Bedrohung, außer der Korruption vielleicht. Dass die Vaterlandsliebe fehlt – außer dem Hüpfen beim Fußball -, dafür haben vor allem unsere Volksvertreter und ihre korrupten Paten gesorgt. Wir sind eine parlamentarische Demokratie, in der die Bürger ihrem Parlament nicht trauen. Doch über diesen Zustand des tschechischen Staates und seine Gründe hat Václav Klaus nicht gesprochen (…). Der Schwerpunkt seiner Ansprache lag in der Warnung, dass unsere nationale und staatliche Zukunft, Freiheit und Demokratie von den Eliten der größten Länder der Erde bedroht wird. (…) Doch was sollen wir dagegen unternehmen, wenn wir im Klub der Mächtigen nicht einmal eine beratende Stimme haben? Vielleicht wäre es angebracht darüber nachzudenken, warum viele Bürger das Gefühl haben, dass der tschechische Staat und die tschechische Demokratie (…) auch leicht ohne die Bürger auskommen.“