„Der kommunale Dreck quillt schon aus den Kanälen“

Bürgermeister der südmährischen Stadt Znojmo Pavel Nezveda hat überraschend sehr zahlreichen Besuch bekommen - die Anti-Korruptions-Polizei (Foto: ČTK)

Am Donnerstag haben der Bürgermeister der südmährischen Stadt Znaim / Znojmo und seine Beamten im Rathaus überraschend sehr zahlreichen Besuch bekommen: Die Anti-Korruptions-Polizei hat nicht nur kistenweise Akten beschlagnahmt, sondern auch den Leiter der Stadtverwaltung zu Verhören mit auf die Wache genommen. Der zuständige Staatsanwalt in Břeclav / Lundenburg beeilte sich zwar zu versichern, gegen den Bürgermeister und andere gewählte Vertreter der Stadt bestehe derzeit kein Tatverdacht. Dennoch sei dieser „Znaimer Thriller“ ein Sittenbild für die Zustände in der tschechischen Kommunalpolitik, meint Jiří Leschtina in der Tageszeitung „Hospodářské noviny“.

Bürgermeister der südmährischen Stadt Znojmo Pavel Nezveda hat überraschend sehr zahlreichen Besuch bekommen - die Anti-Korruptions-Polizei  (Foto: ČTK)
„In der Luft liegt der Vorwurf der Bevorzugung bestimmter Unternehmen bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen. Ein gelungener Anti-Korruptions-Thriller. Den guten Eindruck des Ganzen verdirbt allerdings das Wissen, dass die Polizei ein derartiges Spektakel in der Mehrzahl der tschechischen Rathäuser veranstalten könnte.“

Und für eben so ein Spektakel gesorgt hat ebenfalls am Donnerstag die Tageszeitung Mladá fronta dnes, die Aufzeichnungen von einem Gespräch zwischen dem Vizebürgermeister der mittelböhmischen Stadt Kolín und einem Immobilenunternehmer veröffentlicht hat. Auf einem abgelegenen Rastplatz hatten die beiden Herren über den Verkauf eines städtischen Grundstücks verhandelt. Kein Problem, ließ der Vizebürgermeister sein Gegenüber wissen. Allerdings nur, wenn dabei eine Million herausspringt. Jiří Leschtina sieht in diesen Vorgängen einen weiteren Beweis dafür, dass nach wie vor viele Politiker der Demokratischen Bürgerpartei (ODS) ihre Finger in unsauberen Geschäften haben. In seinem Kommentar für die Hospodářské noviny schreibt er:

„Wir können aber sicher sein, dass mit dem fortschreitenden Wahlkampf-Gemetzel auch Leichen in den Kellern von Bürgermeistern aus anderen politischen Lagern auftauchen. Der kommunale Dreck quillt ja schon aus den Kanälen. Und das ist der Beweis dafür, wie sich die lokale Selbstverwaltung der öffentlichen Kontrolle entzieht. In ihre Eingeweide dringt erst die Polizei mit ihren Ermittlungen vor. Anstatt dass die Rathäuser und Kreisverwaltungen regelmäßig von Aufpassern aus dem Obersten Kontrollamt okkupiert würden.“

Die Regierung wolle den obersten Rechnungsprüfern zwar in Zukunft die Kontrolle der lokalen Selbstverwaltungsbehörden ermöglichen. Doch in der Leitung des Obersten Kontrollamts hätten bereits ehemalige Abgeordnete die Mehrheit. Der düstere kommunale Thriller werde sich deshalb bald in eine Tragikomödie verwandeln, meint Jiří Leschtina in der Hospodářské noviny.