„Für die, die sich nicht anpassen wollen“ - Prag beschließt Lager für Obdachlose
Obdachlose an den Stadtrand auslagern und dort versorgen - diese Idee hatte Sozialbürgermeister Jiří Janeček. Dafür hagelte es Kritik von Hilfsorganisationen, wie wir im Juni berichtet haben. Diese Obdachlosenoase, wie Janeček es nannte, ist Teil eines so genannten „Aktionsplans Obdachlosigkeit“. Dem Plan hat nun der Prager Magistrat – entgegen aller Kritik – grünes Licht gegeben.
In Prag leben angeblich 3500 Menschen ohne Dach über dem Kopf. Niemand kennt die wahren Zahlen, aber eins ist klar: Die Not-Unterkünfte reichen nicht aus. Die bieten in den Wintermonaten, wenn die Kapazitäten erhöht werden, maximal 850 Betten. Der Aktionsplan, den der Prager Magistrat nun genehmigt hat, sieht unter anderem vor, ein Lager für 300 Obdachlose zu errichten. In dem Lager soll es Betten geben und Essen verteilt werden. Sozialbürgermeister Jiří Janeček von den Bürgerdemokraten hat den Plan entworfen:
„Das Lager ist für die Obdachlosen bestimmt, die niemand will. Die weder die Hilfsorganisationen, noch die Sozialdienste der Stadt wollen, weil diese Obdachlosen angetrunken sind.“
Das Lager soll bereits in einem halben Jahr stehen. Und zwar am Stadtrand, am ehesten wohl in Malešice, ausgerechnet neben der Müllverbrennungsanlage. Es gibt Obdachlose, die nichts gegen das Lager haben, wie dieser Mann, der vom Tschechischen Fernsehen befragt wurde:„Ich würde auch dorthin gehen, wenn es keine andere Möglichkeit gibt. Um nicht draußen bleiben zu müssen. Ich lebe bereits 21 Jahre auf der Straße.“
Hilfsorganisationen kritisieren vor allem Größe und Ort des Lagers, zudem würden sie keine Obdachlosen abweisen, hieß es. Nötig seien kleinere Einrichtungen im Stadtzentrum. Ein Obdachloser bestätigte dies gegenüber dem Fernsehen:
„Es würde sich nicht viel ändern: Dort würden wir übernachten und dann hierher kommen. Hier können wir um Geld betteln und Essen oder so etwas.“Janeček plant zudem, die Zahl der Sozialarbeiter zu verdoppeln, um Druck auf die Obdachlosen auszuüben. Außerdem sollen Obdachlose stärker aus Metro und Straßenbahn gedrängt werden. Das halten Hilfsorganisationen für unmenschlich.
Auch sieht der Plan vor, dass Hilfsorganisationen die Daten von Obdachlosen sammeln. Diese sollen zentral gespeichert werden. Petra Lakatošová von der christlichen Hilfsorganisation Naděje warnt:„Nicht klar ist, welche Angaben gesammelt werden, wer Zugang zu den Daten hat und wie lang sie gespeichert werden. Zudem steigen Verwaltungsaufwand und Kosten.“
Vor einigen Jahren gab es bereits die Idee für eine ähnliche landesweite Datenerhebung. Doch das Amt für Datenschutz sagte „nein“. Ohnehin bleibt die Frage, was vom Plan am Ende übrig bleibt. Im Oktober sind Kommunalwahlen, und Prager Oppositionspolitiker von der konservativen TOP 09 und den Sozialdemokraten haben sich schon jetzt gegen den Aktionsplan ausgesprochen.