Prager Kommunalpolitiker will Obdachlose in Lagern zusammenpferchen
Sie gehören zum Bild der Großstädte: Obdachlose. In Prag kümmern sich genauso wie in anderen europäischen Metropolen eine Reihe gemeinnütziger Organisationen um diese Menschen, die ihr Leben am Rande der Gesellschaft fristen. Ein Patentrezept, wie ihnen am besten geholfen werden kann, gibt es jedoch nicht. Ein Prager Stadtrat ist nun mit einem radikalen Vorschlag vorgeprescht: Die Obdachlosen sollen in Lagern am Stadtrand untergebracht werden. Empörte Reaktionen kamen prompt.
„Sie wollen sich nicht anpassen. Es sollte ein Ort entstehen, an dem es niemandem etwas ausmacht, dass sie angetrunken sind, wo sie zweimal am Tag eine Suppe bekommen, wo sie sich sicher fühlen“, gibt sich Bürgerdemokrat Janeček den Anstrich des barmherzigen Samariters. Seine Rhetorik gleicht jedoch der eines Inquisitors. Man werde niemanden zwingen, aber wer das geplante Obdachlosenasyl nicht aufsuche, dem blühe nichts Gutes, so Janeček wörtlich. Gemeinnützige Organisationen reagierten empört.
Dieser Ort, den Janeček eine Oase nennt, käme ihr eher wie ein Konzentrationslager vor, sagte die Therapeutin Eduarda Heczková von der christlichen Hilfsorganisation Agapé.
Leoš Kabát von der Abteilung für soziale Dienste beim Prager Magistrat bemühte sich im Tschechischen Fernsehen, den entstandenen Eindruck zu mildern:
„Der Sinn des Aktionsplanes ist, den Obdachlosen eine würdige Umgebung anzubieten, wo sie auf freiwilliger Basis leben können. Der Ort dafür wurde noch nicht ausgewählt, aber er sollte nicht zu weit entfernt von den Plätzen liegen, wo sich diese Personen in der Regel aufhalten.“
Aber, so fügte auch Kabát hinzu, die Obdachlosen sollten dort untergebracht werden, „wo sie so wenig wie möglich das Leben normaler Leute stören“. Das scheint die eigentliche Absicht hinter dem Vorschlag zu sein. Abgesehen von der sozialen Kälte, die er verströmt, bestehen aber auch Zweifel an den Erfolgsaussichten.„Ein sozialer Dienst sollte mit dem kleinstmöglichen Aufwand zu erreichen sein. Das Leben eines Obdachlosen ist ohnehin schon schwer genug. Je mehr Hindernisse er hat, um einen sozialen Dienst in Anspruch zu nehmen, desto mehr wird er entmutigt. Und das führt zu Passivität“, sagte Pavla Vopeláková von der Heilsarmee. Sie fordert stattdessen eine stärkere Unterstützung von sozialen Einrichtungen, die sich schon lange um Obdachlose kümmern, und die deshalb größere Erfahrung mit der Problematik haben.