Namen aktiver Geheimagenten tauchten frei zugänglich im Internet auf

Im April veröffentlichte das Institut zum Studium totalitärer Regime die Namen von hunderten Agenten. Sie hatten in kommunistischer Zeit für den Militärgeheimdienst gearbeitet. Pikant dabei: In der Liste tauchen auch die Namen noch aktiver Agenten auf. Die Totalitarismusforscher und der Militärgeheimdienst streiten sich nun, wer die Schuld an dem Skandal trägt.

Zdeněk Hazdra  (Foto: www.ustrcr.cz)
Das Institut zum Studium totalitärer Regime hatte die Dokumente über die ehemaligen kommunistischen Agenten angefordert. Der Militärgeheimdienst lieferte. Wenig später, im April, tauchten die Namen auf den Internetseiten des Archivs der Sicherheitsdienste auf. Frei zugänglich vom heimischen PC aus. Darunter waren 380 Namen von Agenten, die noch nach 1989 für die tschechischen Geheimdienste arbeiteten, einige sogar bis heute. Zwar wurden die Daten im Juni vom Netz genommen. Die Agenten aber seien nun einem Sicherheitsrisiko ausgesetzt, einige müssten sogar um ihr Leben fürchten, hieß es. Der Interimsleiter des Instituts für das Studium totalitärer Regime, Zdeněk Hazdra, gibt sich kleinlaut:

„Der Fehler der Veröffentlichung lag natürlich auf der Seite des Instituts. Ich habe bereits personelle Konsequenzen gezogen“, so Hazdra. Im Juli musste deshalb Ladislav Bukovszky, bis dahin Chef des Archivs der Sicherheitsdienste, seinen Hut nehmen. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der sensiblen Dokumente hieß der Leiter des Instituts für das Studium totalitärer Regime noch Pavel Žáček. Und der will von einer Schuld Bukovszkys nichts wissen:

„Das Archiv der Sicherheitsdienste hat seine gesetzliche Pflicht erfüllt, Die Archivalien wurden ordnungsgemäß übernommen“, verteidigt Žáček seine früheren Mitarbeiter. Der ehemalige Chef des Militärgeheimdienstes, Andor Šándor, bestätigte gegenüber Radio Prag die Existenz des Gesetzes:

„Das Gesetz ruft die Geheimdienste dazu auf, die Angaben über Mitarbeiter aus kommunistischer Zeit weiterzugeben. Der Militärgeheimdienst hat sich offenbar rechtlich dazu verpflichtet gefühlt. Wir haben aber noch ein anderes Gesetz. Und das besagt, dass die Angehörigkeit zu einem Geheimdienst der Geheimhaltung unterliegt.“

Die unklare Gesetzeslage macht also die Zuteilung des Schwarzen Peters nicht gerade leicht. František Bublan, der Vorsitzende des Sicherheitsausschusses im tschechischen Abgeordnetenhaus, sieht hier Klärungsbedarf. Das Vorgehen des Instituts für das Studium totalitärer Regime hält er indes für äußerst unglücklich:

„Die Forschung an sich geht dabei verloren. Was übrig bleibt, ist nur noch die Veröffentlichung. Es muss zu einer Vereinbarung kommen, damit das Institut weiß, was es veröffentlichen darf und was nicht. Den Rest kann es zu Forschungszwecken verwenden, um irgendwelche Verbindungen aufzudecken, aber keinesfalls veröffentlichen.“

František Bublan
Die Frage der Schuld tritt allerdings angesichts des entstandenen Schadens etwas in den Hintergrund. Die Tschechische Republik habe sich vor aller Welt blamiert, sagen Bublan und Šándor unisono. Štefan Bačinský, Sicherheitschef des Militärgeheimdienstes, versucht zu relativieren:

„Weitergegeben wurden nur Dokumente zu Personen, die vor der Revolution mit dem militärischen Nachrichtendienst des Generalstabs verbunden waren. Es handelt sich also nicht um die Gefährdung der Interessen des Militärgeheimdienstes.“

Štefan Bačinský
Das sieht dessen früherer Chef Andor Šándor anders:

„Jeder potentielle Agent wird sehr lange überlegen, ob er eine Zusammenarbeit fortsetzt oder sie von vornherein ablehnt, wenn seine Identität nicht um jeden Preis geschützt bleibt.“