Premier Nečas will möglichst als einfacher Bürger leben
Er ist der neunte und zweitjüngste Premierminister der selbständigen Tschechischen Republik: Petr Nečas. Schon seit 19 Jahren ist er in der Politik. Am Montag hat er nun den bisherigen Höhepunkt seiner Karriere erreicht. Einen Monat nach den Abgeordnetenhauswahlen ernannte Präsident Klaus den Parteichef der konservativen Bürgerdemokraten (ODS) zum Premier.
„Die Bürger erwarten, dass diese Regierung vor allem arbeiten und nicht streiten wird. Ich möchte Ihnen versichern, dass dies auch mein Ziel ist.“
Präsident Klaus zeigte sich mit dem neuen Premier zufrieden. Er kenne Nečas schon seit langem:
„Ich erinnere mich gut an den Moment, als ich ihn im Mai 1992 auf einer Wahlkampfveranstaltung zum ersten Mal gesehen habe. Schon damals erschien er mir als junger und hoffnungsvoller Politiker.“
Petr Nečas stammt aus dem südostmährischen Uherské Hradiště / Ungarisch Hradisch. Er studierte Physik in Brünn und promovierte im Fach Plasmenphysik. Seine politische Karriere startete er Anfang der 90er Jahre, als er 1991 der neu gegründeten Demokratischen Bürgerpartei beitrat. 1992 wurde er zum ersten Mal ins Abgeordnetenhaus gewählt, seitdem sitzt er im Parlament. 1995-1996 war er stellvertretender Verteidigungsminister. Aus dieser Zeit stammt auch der einzige Lapsus in seiner politischen Karriere. 1997 wurde ihm das Amt des Innenministers angeboten. Nečas akzeptierte es zuerst mit den Worten, er werde die Arbeit als Politiker meistern oder daran zugrunde gehen. Kurz darauf lehnte er das Amt jedoch mit Hinweis auf seine Familie ab. Diese 13 Jahre alten Floskeln hält Nečas heute nicht für gerade gelungen:„Ich werde bis heute ein bisschen rot, wenn ich das höre, so ist das Leben. Manchmal sagt man eben eine totale Dummheit.“Auf eine weitere Gelegenheit, Minister zu werden, musste Nečas einige Legislaturperioden warten. 2006 bot ihm Mirek Topolánek den Posten des Ministers für Arbeit und Soziales und des Vizepremiers an. In diesem Amt gelang es ihm, auch unpopuläre Änderungen bei den Sozialleistungen durchzusetzen. Nach dem Fall der Topolánek-Regierung zog sich Nečas zurück und wirkte nur in der Partei. Im März dieses Jahres wurde er nach Topoláneks Rücktritt mitten im laufenden Wahlkampf Spitzenkandidat der ODS geworden. Im Unterschied zu einigen seiner Partei- und Politikerkollegen war Nečas in keine Skandale verwickelt. Die Medien nannten ihn daher während der Wahlkampagne auch „Herr Anständig“. Die ODS landete unter seiner Leitung auf Platz Zwei und der eher unauffällige Nečas führt seitdem mit zwei weiteren Parteien, der TOP 09 und der Partei der Öffentlichen Angelegenheiten, Gespräche über die Bildung einer Mitte-Rechts-Regierung.
Der 45-jährige Politiker will sich auch als Premier möglichst wie ein einfacher Staatsbürger benehmen: Im Gegensatz zu seinen Vorgängern begnügt er sich mit einem Škoda als Dienstwagen, will nicht in die dem Premier zustehende Amtsvilla Kramář über der Prager Kleinseite umziehen und Nečas will sich auch weiterhin ohne Leibwächter bewegen.„Ich sehe keinen spezifischen Grund dafür. Zudem weiß ich nicht, wie es technisch durchgeführt werden sollte, dass mich die Polizei 24 Stunden lang, 365 Tage im Jahr beschützt. Ich meine, dass das jeder Politiker individuell entscheiden soll. Ich habe mich darüber mit dem Chef der Personenschutz-Einheit der Polizei schnell geeinigt.“
Nečas wies die Sicherheitsbedenken der Medien zurück und argumentierte damit, er habe auch bisher sein Alltagsleben gelebt.„Ich bringe meine Tochter zur Schule, begleite sie zum Spielplatz. In meiner Freizeit bin ich mit meinen Kindern. Soll dort überall mit mir ein Polizist sein? Das ist doch Unsinn!“
Premier Nečas hat seine Familie schon während der Wahlkampagne vor den Medien geschützt. Er versucht, sein Familienleben auch als Premier weiter „normal“ führen zu können. Nečas hat vier Kinder und lebt im mährischen Rožnov pod Radhoštěm.
Fotos: www.petr-necas.cz