Lissabon und kein Ende: Regierung verlangt klaren Fahrplan von Klaus
Auch am Montag war es noch in aller Munde: das Thema Tschechien und der Lissabon-Vertrag. Die Regierung Fischer beriet ausführlich über die am Freitag bekannt gewordenen neuen Forderungen von Staatspräsident Václav Klaus. Nun hat Premierminister Fischer seinerseits Forderungen gestellt, und zwar an den Präsidenten.
Die Botschaft der Regierung war klar:
„Die Regierung stellt mit Bedauern fest, dass die Bedingungen des Herrn Präsidenten zum Zeitpunkt der Verhandlungen über den Lissabon-Vertrag niemandem bekannt waren und von ihm auch nicht während des Ratifizierungsprozesses im Parlament vorgetragen wurden“, so Premierminister Jan Fischer.
Der Regierungschef betonte erneut, dass die EU-Grundrechtecharta die Beneš-Dekrete keinesfalls in Frage stelle. Dennoch sei die Regierung bereit, auf die Forderungen des Staatsoberhauptes einzugehen, und mit den europäischen Partnern über eine Lösung zu verhandeln:„Die Regierung ist zu diesem außerordentlichen Schritt unter der Vorausetzung bereit, dass ein Wiederaufrollen des Ratifizierungsprozesses in den übrigen EU-Ländern nicht in Frage kommt und dass das Vorgehen der Regierung nicht vom tschechischen Parlament in Frage gestellt wird. Weiter verlangt die Regierung vom Staatspräsidenten eine klare Garantie dafür, dass er den Lissabon-Vertrag unverzüglich unterzeichnen wird, sobald seine Bedingungen erfüllt sind und sofern das Verfassungsgericht keine Einwände gegen den EU-Reformvertrag vorbringt.“
Präsident Klaus ließ nach Redaktionsschluss der Dienstag-Sendung durch seinen politischen Sekretär ausrichten, dass es sich bei Verhandlungsabsichten um bloße Ankündigungen handle. So lange er keine Garantien für die Umsetzung seiner Forderungen erhalte, könne er seinerseits auch nicht versprechen, den Lissabon-Vertrag zu unterzeichnen.
Die Regierung bekenne sich zu ihrem Versprechen vor dem Europäischen Rat im Juni, den Lissabon-Vertrag bis zum Ende dieses Jahres zu ratifizieren, damit er mit 1. Januar 2010 in Kraft treten kann, ergänzte Premier Fischer.
Doch ob dieser Termin tatsächlich zu halten sein wird, erscheint äußerst unwahrscheinlich. Der bürgerdemokratische Senator Jaroslav Kubera, der gemeinsam mit 16 seiner Kollegen im September die neuerliche Verfassungsbeschwerde gegen den Vertrag eingebracht hat, hält dies für ausgeschlossen:
„Ich bin fast überzeugt, dass das erst irgendwann im nächsten Jahr sein wird. Die westlichen Zeitungen und Politiker schreien jetzt alle laut. Das sollen sie nur! Drohungen bringen da gar nichts“, so der sichtlich erregte Senator im Tschechischen Fernsehen.
Die 17 EU-kritischen Senatoren wollen nun ihre Verfassungsbeschwerde um einige Punkte ergänzen. Dadurch könnte auch der vorsichtig für Ende Oktober angekündigte Verhandlungsbeginn vor dem hohen Gericht in Brünn in die Ferne rücken.