Mafia-Strukturen an Pilsner Jura-Fakultät – deutscher Unternehmer klagt
Der Skandal an der rechtswissenschaftlichen Fakultät in Pilsen weitet sich aus. Es geht nicht mehr nur darum, ob einige einflussreiche Leute vielleicht für ein paar Tausend Kronen juristische Doktortitel erschlichen haben. Wie wir berichtet hatten, wurden juristische Universitätstitel in Pilsen ja in Rekordzeit vergeben: Im extremsten Fall konnte man sogar nach nur zwei Monaten Doktor werden. Nun geht es aber um mehr: um Milliardensummen und mafia-ähnliche Methoden. Daniel Kortschak hat dazu mit Till Janzer gesprochen.
Till, was hat die rechtswissenschaftliche Fakultät an der Westböhmischen Universität mit der Mafia zu tun?
„Die Akkreditierungskommission im Bildungsministerium, die sich intensiv mit dem Fall beschäftigt, hat Querverbindungen zutage gefördert. Die Leiterin der Kommission, Vladimíra Dvořáková, sagt, dass einflussreiche Leute in Pilsen einen juristischen Doktortitel in Rekordzeiten auch deswegen erhalten haben, weil sie später als wichtige Kontakte in Politik, Polizei und im Staatsdienst dienen sollten. Über diese Kontakte ließ sich dann Einfluss nehmen auf die Vergabe öffentlicher Aufträge, Konkursverfahren und so weiter.“
Sind das nur Vermutungen oder gibt es dazu Konkretes?
„Es sind mittlerweile mehr als Vermutungen, es gibt konkrete Hinweise. Der Nachweis, ob es wirklich so war, ist indes schwierig. Dennoch: Einige tschechische Zeitungen haben mit dem Thema am Montag auf der ersten Seite aufgemacht, so schwer wiegen die Vorwürfe.“
Hast du ein Beispiel dafür…
„Ja, ein deutscher Unternehmer hat vergangene Woche in dem Zusammenhang die Tschechische Republik verklagt. Es handelt sich um den Investor Peter Vöcklinghaus. Der Mann aus Gelsenkirchen war im Jahr 2001 um seine Investitionen in den Bau eines Golfplatzes bei Karlsbad gekommen. Aus ungeklärten Gründen wurde über seine Firma ein Konkursverfahren verhängt. Vöcklinghaus´ Anwalt spricht von einem manipulierten Konkurs. An diesem Konkursverfahren beteiligt war die Anwaltskanzlei des mittlerweile geschassten Prodekans an der rechtswissenschaftlichen Fakultät in Pilsen, Milan Kindl. Ein Mitarbeiter der Anwaltskanzlei steht wiederum an der Spitze der Firma, die den Golfplatz heute besitzt. Und so weiter. Es geht hier um insgesamt eine Milliarde Kronen (38 Millionen Euro). Diese Summe will Vöcklinghaus nun von der Tschechischen Republik zurück.“
Manche fordern ja mittlerweile, die rechtswissenschaftliche Fakultät einfach zu schließen. Was passiert derzeit dort?
„Der neue Leiter der Fakultät, der ehemalige Justizminister Jiri Pospisil, ist gegen eine Schließung. Dies würde seiner Meinung nach auch die große Zahl ehrlicher Stundenten schädigen - insgesamt 2000 Studenten hat die Fakultät derzeit. Festgestellt wurde, dass aber nur 30 ehemalige Studenten verdächtig schnell zu ihrem akademischen Titel kamen, also in drei Jahren und noch kürzer. Anstatt einer Schließung hat Pospisil am Wochenende die in die Machenschaften verstrickte ehemalige Leitung der Fakultät aufgefordert, die Universität ganz zu verlassen. Darunter ist auch Milan Kindl. Er, ein weiterer Prodekan und der Dekan haben zwar bisher ihre Ämter niedergelegt, lehren jedoch weiter an der Pilsner Uni.“