Fischer-Reise: Multilaterale Roma-Debatte und Schnellstraße nach Wien ein Stück näher
Am Montag und Dienstag weilte der tschechische Premierminister Jan Fischer zu einem Arbeitsbesuch in Wien und Budapest. Interessanterweise stand ein Dauerbrenner wie das südböhmische Atomkraftwerk Temelín diesmal nicht so sehr im Fokus der Gespräche wie ein aktueller Streitfall, in dem Tschechien aber allenfalls die Rolle des Beobachters inne hat – das diplomatische Zerwürfnis zwischen der Slowakei und Ungarn.
Dieser Vorgang sei für Budapest nicht akzeptabel, legte Premier Gordon Bajnai seinem Amtskollegen sogleich den ungarischen Standpunkt nahe. Darin schwang die Hoffnung mit, dass Fischer diese Meinung durchaus teilen könnte, doch der Prager reagierte diplomatisch:
„Die Tschechische Republik hat hervorragende Beziehungen sowohl zu Ungarn als auch der Slowakei. In der Sache will sich die tschechische Regierung daher nicht in das Zerwürfnis einmischen. Wir sind aber überzeugt davon, dass beide Länder ihre Probleme nach und nach aus der Welt schaffen werden.“Ein anderes Thema lag Fischer da schon mehr am Herzen: die Integration der Roma-Minderheit. Eine Problematik, mit der Tschechien wie Ungarn weiterhin zu kämpfen haben. In Budapest verständigten sich Fischer, Bajnai und Sólyom darauf, diese Problematik nun in der Vier-Staaten-Gruppe von Visegrad, also mit Polen und der Slowakei gemeinsam, anzupacken. Der Kampf gegen extremistische Tendenzen in Politik und Gesellschaft soll dabei im Vordergrund stehen.
In Wien, wo sich Premier Fischer unter anderem mit seinem österreichischen Amtskollegen, Bundeskanzler Werner Faymann, getroffen hat, ging es diesmal eher nüchtern und rationell zur Sache. Auch der ewige Zankapfel, das Atomkraftwerk Temelín, hat die Stimmung nicht getrübt. Faymann stellte lediglich fest, dass beide Länder zur Energiegewinnung völlig unterschiedliche Meinungen haben, sich in Fragen zur Sicherheit von Kraftwerken aber weitgehend einig seien. Faymann strich außerdem heraus, dass Österreich seinen Teil zum Bau der Autobahn von Brno / Brünn nach Wien trotz der Krise termingerecht fertig stellen werde. In Tschechien hingegen steht immer noch nicht fest, wo genau die Schnellstraße entlang führen soll. Umweltschützer sind gegen den Straßenbau und fühlen sich in ihrer Meinung durch Expertisen der Kontrollorgane bestätigt:„Die Oberste Kontrollbehörde hat in einem Bericht geäußert, dass der Bau einer Autobahnverbindung nach Wien in der geplanten Variante rein wirtschaftlich nicht vertretbar sei. Der Ombudsman wiederum ist bei seinen Recherchen zu der Erkenntnis gelangt, dass bei der Vorbereitung des Bauvorhabens Rechtsvorschriften missachtet wurden, insbesondere die, die den Umweltschutz betreffen“, sagt Umweltschützer Pavel Doucha. Die Fertigstellung der Schnellstraße von Brünn nach Wien ist also noch nicht in Sicht.