Streit um die Verwaltung von Prager Sehenswürdigkeiten durch Privatfirma
Die Wirtschaftskrise hat die Touristen bescheiden gemacht. Das hat auch Prag zu spüren bekommen. So sind die Besucherzahlen einiger Sehenswürdigkeiten in der tschechischen Hauptstadt in den letzten Monaten teils fast auf die Hälfte gesunken. Und damit bleiben auch die Einnahmen aus dem Eintrittsgeld aus. Der Prager Informationsdienst, Pražská informační služba oder kurz PIS, verwaltet acht Sehenswürdigkeiten in der Stadt. Sieben von ihnen, darunter auch das Altstädter Rathaus, wird ab August für mindestens ein Jahr nun eine Privatfirma betreuen. Das trifft nicht nur auf Verständnis.
„Das ist kontraproduktiv und es ist ein eigenartiger Schritt“, so kommentierte am Donnerstag der Prager Stadrat und Vizevorsitzende des Finanzausschusses der Stadt, Jiří Witzany, die Entscheidung des PIS.
Bei den sieben Sehenswürdigkeiten handelt es sich um äußerst attraktive Besucherziele – neben dem Altstädter Rathaus sind es beispielsweise die beiden Türme an der Karlsbrücke, der Pulverturm und der Aussichtsturm auf dem Petrin-Hügel. Der neue Verwalter, die Firma ABL FM Services, möchte dort einige Änderungen vornehmen. Die Mitarbeiter vor Ort sollen beispielsweise besser in den Sprachen der Besucher parlieren und das Personal soll in historische Kostüme gesteckt werden – ein bisschen Disneyland in Prag also.
Doch die Denkmalpfleger sind es nicht, die Bedenken anmelden. Deren Bereichsleiter im Prager Rathaus, Jan Kněžínek, unterstützt vielmehr die Entscheidung von PIS, die Objekte einer Privatfirma anzuvertrauen:
„Ziel des PIS war, dass die Dienstleistungen für die Besucher sich verbessern und mehr Geld fließt als derzeit. Wir werden natürlich das ganze Jahr lang – denn der Vertrag läuft über ein Jahr – verfolgen, wie die Firma arbeitet. Kommendes Jahr werden wir das auswerten, und der PIS wird entscheiden, was weiter.“
Dass mehr Geld und bessere Dienste der richtige Weg sind, streitet Stadtrat Witzany auch nicht ab. So kassiert PIS für die sieben Sehenswürdigkeiten von der Privatfirma für das vereinbarte Jahr umgerechnet rund 1,9 Millionen Euro und damit etwas mehr als die durchschnittlichen Einnahmen in den letzten Jahren. Doch Witzany stört, dass die entsprechenden Organe im Stadtrat bei der Entscheidung nicht konsultiert wurden:
„Die Sache läuft einfach am Stadtrat vorbei, doch woran sollten die Stadtvertreter Interesse haben, wenn nicht am Schicksal von unter anderem dem Altstädter Rathaus.“
Vor allem zweifelt Jiří Witzany am Ausschreibungsverfahren. ABL FM Services war die einzige Firma, die sich darauf gemeldet hat. Das Unternehmen ist bisher vor allem im Veranstaltungsservice tätig, wie beispielsweise bei den tschechischen Miss-Wahlen oder dem Prager Opernball.
„Es handelt sich doch um attraktive Sehenswürdigkeiten. Wenn die Stadt sich entscheiden würde, zu gut durchdachten und wohl definierten Bedingungen, diese Objekte zu vermieten, dann sollte und müsste das Interesse doch deutlich höher sein“, so Witzany.
Denkmalpfleger Kněžínek entgegnet jedoch, er habe allgemein in der letzten Zeit ein sinkendes Interesse an städtischen Ausschreibungen beobachtet. Grund sei wohl die Wirtschaftskrise. Den Kritikern, zu denen auch weitere Stadträte gehören, bleibt erst einmal wohl keine andere Möglichkeit, als das Tun der Privatfirma einfach zu beobachten.