Komponist Meyer 1954 zur Woche der deutschen Musik im Tschechischen Rundfunk

Ernst Hermann Meyer, März 1978 (Foto: Stiftung Archiv der Akademie der Künste/ Kraushaar, www.sozialistenfriedhof.de)

Anfang der 50er Jahre beginnt der Tschechoslowakische Rundfunk, regelmäßig Sendewochen mit Musik aus einem der „sozialistischen Bruderländer“ in sein Programm aufzunehmen. Im Mai 1954 findet die Woche der deutschen Musik statt. Der DDR-Komponist und Musikwissenschaftler Ernst Herman Meyer spricht dazu eine Einführung, die in Kürze die musikalischen Beziehungen zwischen Deutschen und Tschechoslowaken wiedergibt.

Seine einleitenden Worte beginnt Ernst Hermann Meyer mit einer Huldigung des Gastgeberlandes:

„In der Deutschen Demokratischen Republik gehört die tschechoslowakische Musik, von den Meistern des 18. Jahrhunderts und vor allem von den großen Klassikern der tschechischen Musik – Smetana, Dvořák, Janáček – bis zu den volkstümlichen Neueren von heute, zum festen Bestand unseres Konzert-, Kammermusik- und Opernrepertoires“, so der Komponist.

Das deutsche Volk, so fährt Meyer fort, hänge sehr an einigen Werken der tschechischen Klassik. Und Prag gelte den Deutschen als Musikmetropole par excellence:

„So wissen wir, dass auch die deutsche Musik seitens der Musiker und des Musik liebenden Publikums in Prag und in anderen Städten der Tschechoslowakei jederzeit großzügige Pflege erfahren hat. Die großen Meister der deutschen Klassik nicht minder als viele neuere Komponisten verdanken der Aufgeschlossenheit und der Initiative der Repräsentanten und Freunde insbesondere der Prager Tonkunst sehr bedeutende Förderung.“

Als Beispiel nennt Ernst Hermann Meyer sich selbst. Dabei war er nur im Ostblock ein Begriff, im Westen ist er weitestgehend unbekannt geblieben.

„Die Laufbahn so manches deutschen Interpreten von Rang nahm von Prag aus ihren Anfang. In Dankbarkeit gedenke ich selbst der hervorragenden Aufführung meines Mansfelder Oratoriums durch die Prager Philharmonie unter Karel Ančerl vor drei Jahren.“

Und damit kommt Meyer zur stark ideologisch gefärbten Passage in seiner kleinen Rede. Deutsche Kunst, das ist 1954 in der Darstellung des Komponisten nur die Kunst der DDR:

„Die deutsche Musik verfügt über eine sehr große Tradition humanistischen Musikschaffens. Heute gelten die schöpferischen Bestrebungen deutscher Komponisten und Musikwissenschaftler der Schaffung einer neuen, lebensvollen und friedlichen Kunst. Insbesondere erstreben die Komponisten der Deutschen Demokratischen Republik eine wahrhaft nationale Musik im Kampfe gegen faschistische und militaristische Kulturbarbarei in Westdeutschland.“

Meyer zitiert an dieser Stelle Dvořak, der meint, dass Nationen, die Kunst haben, nie untergehen würden. Und so bekommt die Sendewoche noch einen politischen Auftrag zugesteckt:

„Wir möchten gerne, dass Aufführungen deutscher Musik vom Friedenswillen des deutschen Volkes Kunde geben. Möge die Woche der deutschen Musik in der Tschechoslowakei einen weiteren Beitrag zur Freundschaft unter den beiden Völkern bringen.“