Tschechiens neue Minister machen die ersten Schritte im Fokus der Medien
Tschechien hat eine neue Regierung. Das Kabinett von Mirek Topolánek, das seit einem verlorenen Misstrauensvotum im März nur noch auf Abruf regierte, macht Platz für die Ministerriege des neuen Premierministers Jan Fischer. Die wurde am Freitag von Staatspräsident Václav Klaus ernannt. Die Zeit sei nicht stehen geblieben. Die Zeit warte nicht, sagte Klaus. Besonders vor dem Hintergrund der ökonomischen Lage wünsche er den neuen Ministern viel Erfolg, und Tschechien nun so schnell wie möglich wieder eine voll funktionierende, fleißige Regierung.
Zeit verschwendet haben sie sicher nicht. Schon kurz nach der Ernennung durch den Präsidenten begannen – trotz des staatlichen Feiertages – die Amtsübergaben in den einzelnen Ressorts. Mit dem ganzen offiziellen Brimborium, das dazu gehört. Glückwünsche, Händeschütteln, Blitzlichtgewitter und so weiter. Im Beisein des neuen Premiers Jan Fischer haben noch am frühen Freitagabend die beiden neuen Vizepremiers Jan Kohout als neuer Außenminister und Martin Barták als neuer Verteidigungsminister ihre Büros bezogen. Danach ging es weiter im Kultur-, im Bildungs- und im Umweltministerium. Die restlichen Übergaben fanden dann am Montag statt. Ob die neuen Minister auch so schwungvoll in ihre eigentliche Arbeit, also das Regieren, starten, das werden natürlich erst die nächsten Tage und Wochen zeigen. Außenminister Kohout und ging jedenfalls schon mal mit gutem Beispiel voran. Er absolvierte noch am Wochenende seine erste Auslandsreise in die Slowakei.
Premier Fischer hat ja schon mehrfach die Prioritäten seiner Übergangsregierung beschrieben. Als da wären zum Beispiel die noch bis Ende Juni laufende tschechische EU-Ratspräsidentschaft und der neue Haushaltsplan, der mit erheblichen Sparzwängen verbunden sein wird. Gab es dazu schon Wortmeldungen der Ressortchefs, wie sie diese Ziele erreichen wollen?
Was die EU-Ratspräsidentschaft angeht, bleibt natürlich auch abzuwarten, wie die europäischen Kollegen auf die Neulinge aus Tschechien reagieren. Die schwache Teilnahme an den letzten EU-Gipfeln zeigte ja schon, dass man in Europa von der scheidenden Regierung Topoláneks nicht mehr viel erwartet hatte. Ob die in Europa größtenteils unbekannten neuen Minister auf einen Vertrauensvorschuss hoffen können, wage ich zu bezweifeln. Nach den nächsten Ministertreffen weiß man vermutlich mehr. Und zum Haushaltsplan: Der neue Finanzminister Eduard Janota hat in sämtlichen Ressorts Einsparungen von 10 Prozent der Etats gefordert. Außenminister Kohout hat dazu bereits aufhorchen lassen mit seiner Ankündigung, eventuell Botschaften zu schließen und Serviceleistungen zu streichen. Die Einsparungen gehen wohl auch einher mit einem Bürokratieabbau in seinem Ministerium. Den Stellvertreterposten, den Kohout bisher selber innehatte, will er nicht neu besetzen. Das gleiche hat auch der neue Verteidigungsminister Barták angekündigt.
Besonders Außenminister Kohout vermittelt also schon mal einen eifrigen Eindruck. Wie präsentierten sich die anderen Minister? Dazu hast du noch nicht viel gesagt…Das stimmt. Das liegt aber auch daran, dass man darüber noch nicht allzu viel weiß. Bis auf den Minister für Minderheiten- und Menschenrechte Michael Kocáb, der sein Amt behalten durfte, sind die meisten Neuen auch für die tschechischen Medien noch relativ unbeschriebene Blätter. Ein Kuriosum wurde in den vergangenen Tagen diskutiert. Der neue Verkehrsminister Gustáv Slamečka ist nämlich Slowake, und damit der erste Minister in Tschechien mit ausländischer Staatsbürgerschaft. Anstoß erregt bei vielen Kritikern vor allem, dass er Slowakisch spricht. Weniger ernst zu nehmen sind wohl Einwände, es könnten nachrichtendienstliche Probleme mit Slamečkas Staatsbürgerschaft auftreten in dem Fall, dass er zum Sicherheitsrisiko für die Tschechische Republik werden könnte. Gebürtiger Slowake ist übrigens auch der neue Umweltminister Ladislav Miko, aber der spricht Tschechisch und ist auch tschechischer Staatsbürger.
Vielen Dank, Patrick, für deinen kurzen Überblick über den Start der Übergangsregierung. Ein weiterer formaler Akt wartet noch auf Fischers Kabinett. Innerhalb von 30 Tagen muss es im Parlament um das Vertrauen der Abgeordneten ersuchen. Fischer hat angekündigt die Frist auszuschöpfen. Dass die Vertrauensfrage scheitert, erwartet aber niemand.