Prager Aufruf gegen Antisemitismus wendet sich an alle Länder Europas

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Einige Hundert Menschen haben am Sonntagnachmittag im Prager Stadtzentrum gegen den Rassismus, Antisemitismus und Neonazismus demonstriert. Sie nahmen am so genannten „Marsch des guten Willens“ teil.

Marsch des guten Willens Foto: ČTK
Vom Altstädter Ring ging es unter musikalischer Begleitung durch die ehemalige jüdische Stadt am Rudolfinum vorbei auf die Kleinseite. Unter dem Motto „Wir sind alle Menschen“ klang der Marsch im Waldstein-Garten mit einer Kundgebung aus. Die Redner, unter ihnen Parlamentarier sowie Holocaust-Überlebende, machten auf die steigende Gefahr des Rassismus und des Neonazismus aufmerksam.

Der Sekretär der Föderation jüdischer Gemeinden, Tomáš Kraus, zitierte aus dem neuesten Bericht über antijüdische Äußerungen und Ausschreitungen. Den Bericht erstellt jedes Jahr eine Arbeitsgruppe der jüdischen Gemeinde in Prag:

Tomáš Kraus
„Im Jahre 2008 haben wir 44 antisemitische Angriffe verschiedener Art verzeichnet, also 13 mehr als im Jahre 2007. Dramatisch hat sich die Zahl der antisemitischen Erklärungen erhöht, teilweise auch in der Literatur: Dazu gehören sowohl Bücher, als auch antijüdischen Blogs im Internet. Im Vergleich mit dem gesamteuropäischen Trend und mit den anderen europäischen Ländern sind wir aber – Gott sei dank – nicht so schlimm dran.“

Přemysl Sobotka  (Foto: Milena Štráfeldová)
Am Freitag war bereits bei einer internationalen Konferenz über den Antisemitismus in der Gegenwart in Prag ein Aufruf an die Regierungen und Parlamente der europäischen Länder verabschiedet worden. Den so genannten „Prager Aufruf“ unterzeichnete neben anderen tschechischen Politikern auch der Senatsvorsitzende Přemysl Sobotka von den Bürgerdemokraten. Dort steht:

„Wir bringen unsere tiefe Beunruhigung über das Anwachsen des Antisemitismus zum Ausdruck. Wir sind über die schleichende Legitimierung antijüdischer Vorurteile beunruhigt, einschließlich der Vorurteile, die sich gegen den Staat Israel richten. Wir stellen fest, dass die Regierung der Iranischen Islamischen Republik dem Staat Israel wiederholt mit dem Genozid droht.“

Foto: Milena Štráfeldová
Die Teilnehmer der umstrittenen Genfer Antirassismus-Konferenz wurden aufgefordert, sich von der Dämonisierung Israels zu distanzieren. Die Uno sowie die Parlamente und Regierungen der europäischen Länder sollen dem Aufruf zufolge wirksame Sanktionen verhängen, um den Iran an der Entwicklung von Atomwaffen zu hindern.

Die Versammlung sowie der Marsch des guten Willens gehörten zu einer Reihe von Veranstaltungen, die anlässlich des jüdischen Tags der Shoah und des Heldentums– des Yom ha Shoah – in Prag stattfinden. Dieser Gedenktag fällt in diesem Jahr auf den 21. April.