Schlangestehen für die besten Plätze – Opernfestival „Smetanova Litomyšl“
Große Musikfestivals müssen nicht unbedingt nur in Prag stattfinden. Auch das ostböhmische Litomyšl beherbergt ein bedeutsames und weltbekanntes Festival: das Opernereignis „Smetanova Litomyšl“. Die Vorbereitungen auf den diesjährigen Jahrgang laufen auf Hochtouren, obwohl die ersten Orchestertöne erst am 12. Juni erklingen werden. Diesmal ist „Smetanova Litomyšl“ zudem offizielles Begleitprogramm der tschechischen EU-Ratspräsidentschaft.
Jeden Frühsommer verwandelt sich die ostböhmische Kleinstadt Litomyšl in eine einzige Opernbühne. Vor 60 Jahren geschah dies zum ersten Mal. Die Initiative kam damals von Kulturminister Zdeněk Nejedlý, der aus Litomyšl stammte. Er wollte an den 125. Geburtstag von Smetana erinnern und dazu die Oper „Zwei Witwen“ auf einer Wiese bei der Stadt aufführen lassen. Letztlich wurde daraus nicht nur ein Konzert, sondern eine mehrtägige Veranstaltung. Das erste “Smetanka“, wie das Festival volkstümlich genannt wird, fand vom 4. bis zum 6. Juni 1949 statt. Heute ist das Festival bereits zu einem großen Kulturbetrieb angewachsen. Und da wird jeder Jahrgang akribisch geplant, wie Festival-Dramaturg Vojtěch Stříteský erläutert:
„Wir gehen von der klassischen Musik aus. Wir wissen, wofür sich die Besucher interessieren. Das Gerüst entsteht so, dass wir zuerst Opern, dann passende Komponisten, passende Orchester, passende Symphonien und passende Oratorien suchen. Konkrete Künstler werden auch nach den Ranglisten ausgewählt. In der klassischen Musik gibt es zwar kein Top Ten, aber wir wissen, wie wer singt und in welcher Oper er gut ist. Und natürlich gibt es eine Reihe von Angeboten. Die kommen täglich - von inländischen und von ausländischen Agenturen. Es gibt immer mehr und mehr Künstler. Wir müssen bei vielen von ihnen überprüfen, ob sie wirklich gut sind. Also fährt man zu Konzerten, hört und prüft. Aber ehrlich gesagt: Nach Litomyšl kommen solche, die es eigentlich nicht nötig haben, Angebote zu schicken.“
Dieses Jahr gehören zu den Stars des Festivals zweifelsohne die tschechische Mezzosopranistin Magdalena Kožená und die deutsche Sopranistin Annette Dasch. Mittlerweile gilt „Smetanova Litomyšl“ als das zweitgrößte Opernfestival in Tschechien. Mit den Planungen wird einige Jahre im Voraus begonnen:„An dem diesjährigen Festivaljahrgang arbeite ich schon seit etwa drei Jahren. Das Programm wird so vorbereitet, dass ich darüber mit dem Festivaldirektor Jan Pikna spreche. Dann sagt der Verwaltungsrat seine Meinung dazu. Und erst danach können wir Verträge abschließen. Wichtig ist auch das Geld. Aber ich halte es von Vorteil, dass die Dramaturgie ein einziger Mensch bestimmt. Es ist auch beim Prager Frühling so, wo Herr Matzner die Dramaturgie in seinen Händen hat. Ich bekomme natürlich Anregungen von Kollegen. Viele Leute sagen mir: Ich habe was Interessantes gehört, hör das dir mal an“, sagt Festival-Dramaturg Stříteský.
Bei seiner Arbeit hilft Stříteský unter anderem auch moderne Technik: zum Beispiel das Internet-Portal „You Tube“, wo man schnell Aufzeichnungen verschiedener Musiker aus der ganzen Welt findet und sie sich anschauen kann.
Smetanova Litomyšl findet in diesem Jahr zum 51. Mal statt, obwohl der erste Jahrgang schon vor 60 Jahren über die Bühne ging. An diesem Missverhältnis ist die aus politischen Gründen erzwungene Pause Ende der 60er und Anfang der 70er Jahre schuld. Die Zahl der Konzerte beträgt diesmal 30. Mit dem Karten-Vorverkauf wurde bereits am 4. März begonnen. Traditionell sind die Tickets äußerst begehrt und die besten Plätze schnell weg. Zwar kann man auch per Internet Karten kaufen, dennoch haben auch diesmal wieder viele Opern-Fans bereits in den frühen Morgenstunden vor dem Touristischen Informationszentrum auf Schloss Litomyšl gewartet.„Ich bin seit Viertel nach fünf da“, sagt ein Mann. Dies sei aber nur in diesem Jahr so.
Eine Frau, die seit sieben Uhr wartet, macht das Schlangestehen zum wiederholten Mal mit:
„Etwa seit vier Jahre stehen wir regelmäßig wegen der Karten an. Vorher war das anders organisiert.“
Der Vorverkauf begann am 4. März um 10 Uhr. Wie viele Karten in den Verkauf kommen, sagt Festivaldirektor Jan Pikna:„Insgesamt sind es 25.000 Eintrittskarten. Der Preis bewegt sich zwischen 50 und 1290 Kronen. Der Durchschnittspreis liegt bei 500 Kronen, also ähnlich wie im vergangenen Jahr. Wir haben nicht verteuert. Zehn unserer Konzerte sind für Kinder bestimmt.“
Dieses Jahr hat der Bürgermeister von Litomyšl, Michal Kortyš, auch das schwedische Königspaar zum Festival eingeladen. Smetanova Litomyšl ist nämlich eine offizielle Kulturveranstaltung der tschechischen EU-Ratspräsidentschaft, die gerade in Litomyšl symbolisch an Schweden übergeben werden soll. Der weitere Grund ist, dass Bedřich Smetana einige Zeit im schwedischen Göteborg gelebt hat. Zudem ist der schwedische König Karl Gustaf XVI. Ehrenvorsitzender der weltweiten Pfadfinder-Stiftung „World Scout Foundation“. Er gilt als leidenschaftlicher Pfadfinder und die Pfadfinder in Litomyšl beginnen in diesem Jahr mit dem Bau eines neuen Begegnungszentrums. Die Idee war, dass der schwedische König höchstpersönlich der Grundsteinlegung beiwohnt. Doch es wird wohl nichts mit dem hohen Besuch aus Skandinavien, sagt David Zandler von der Pfadfindergruppe in Litomyšl.
„Wir haben die Information erhalten, dass der schwedische König nicht kommt. Ich habe ein E-Mail bekommen, dass er die Einladung abgelehnt habe.“
Das Bürgermeisteramt wollte die Absage jedoch nicht bestätigen. Auch wenn der König nicht kommen sollte, wird das Festival nicht arm an Prominenten sein. Angekündigt haben sich zum Beispiel der tschechische Regierungschef Mirek Topolánek und Außenminister Karel Schwarzenberg. Dazu kommt die große Masse der Besucher, die einfach nur an der Musik interessiert ist. Wie sieht es dann da mit den Unterkünften aus? Ist nicht vielleicht alles schon ausgebucht? Bei der Pension Petra erhält man eine erschöpfende Antwort, stellvertretend für alle anderen Hotels und Pensionen in Litomyšl:
„Derzeit warten wir auf die Stammgäste. Wir nehmen deswegen noch keine Reservierungen für die Zeit des Festivals an. Falls Sie einen Bericht vorbereiten, sollten Sie sagen, dass es auch während des Festivals freie Kapazitäten geben wird. Wir sind schon seit vielen Jahren allergisch dagegen, dass in den Zeitungen steht, unsere die Hotels seien komplett ausgebucht. Starker Andrang herrscht hauptsächlich freitags und samstags. In der restlichen Woche wird es weiterhin leere Zimmer geben“, so die Empfangschefin der Pension Petra.
Das Festival beginnt am 12. Juni und dauert bis zum 6. Juli. Untertitel ist dieses Jahr „Europa musicalis“.