Stadt Chomutov zahlt Sozialhilfe aus und lässt sie sofort pfänden
Rund eine Viertelmilliarde Kronen (9 Millionen Euro) an Schulden für Mieten und städtische Dienstleistungen registriert die nordböhmische Stadt Chomutov / Komutau. Die Mehrheit der Schuldner bezieht Sozialhilfe. Nun ist der Stadtverwaltung der Kragen geplatzt. Gleich nach der Auszahlung der Sozialhilfe wird ein Großteil des Geldes vom Gerichtsvollzieher eingezogen. Ist dieses Vorgehen rechtens? Darüber ist nun eine heftige politische Diskussion entbrannt.
„Wir haben alle Möglichkeiten ausgeschöpft. Alle Schuldner wurden zumindest zweimal auf die bevor stehende Pfändung hingewiesen.“
Am Montag dieser Woche wollte sich der Minister für Menschenrechte, Michael Kocáb ein Bild von der Situation in Chomutov machen. Dazu entsandte er seine Beraterin und Pressesprecherin Leila Abbasová nach Nordböhmen. Dort war sie allerdings nicht sehr willkommen.
Sie habe umgehend die Räume des Stadtmagistrats zu verlassen und möge sich an den Pressesprecher wenden, beschied ihr ein Beamter der städtischen Polizei. Abbasová kritisierte die Methode, mit der die Stadt ihre Schulden einzutreiben versucht:
„Wir sind der Meinung, dass die Sozialhilfe und die Notstandsunterstützung nicht gepfändet werden können“, so Abbasová.Dieser Meinung schließt sich auch der tschechische Ombudsmann an und verweist auf Paragraf 317 der Strafprozessordnung. Im Absatz 2 steht dort geschrieben:
„Dem Auftrag zur Pfändung unterliegen nicht: Mittel der Sozialfürsorge und der staatlichen Sozialhilfe, die gemäß dem entsprechenden Gesetz ausbezahlt werden.“
Bürgermeisterin Řápková hingegen betont, man verstoße gegen kein Gesetz:
„Ich habe die Information, dass der Gerichtsvollzieher eine Stellungnahme bekommen hat, dass der Vorgang eindeutig rechtens ist.“
Und woher hat der Gerichtvollzieher diese Stellungnahme? Direkt aus dem Justizministerium? Bürgermeisterin Řápková bejaht.
Auf Anfrage von Radio Prag hieß es im Justizministerium am Mittwoch allerdings: Nein, von uns hat Frau Řápková diese Information nicht. Unsere Juristen prüfen den Sachverhalt erst. Und außerdem: So habe das die Frau Bürgermeisterin ja auch gar nicht gesagt.