Bio-Boom in Tschechien - immer mehr Bauern produzieren ökologisch
Die ökologische Landwirtschaft vermeldet Rekordzahlen: Im vergangenen Jahr wuchs die Zahl der tschechischen Biobauern um rund 50 Prozent. Mittlerweile sind fast 2000 landwirtschaftliche Betriebe ökologisch umgestellt, das entspricht acht Prozent der gesamten Ackerfläche in Tschechien. Wie es zu diesem Boom kommt, dazu ein Gespräch mit Zdeněk Perlinger, dem Vorsitzenden von Pro-Bio, dem größten tschechischen Ökobau-Verband.
„Bei uns war der Boom nicht ganz so stark; die landwirtschaftlichen Betriebe mit mehreren Hektar ökologischer Produktion haben sich uns bereits in den Jahren zuvor angeschlossen. Einige Bauern sind im vergangenen Jahr sogar ausgestiegen. Wir haben bisher nur inoffizielle Zahlen. Ich schätze den Zuwachs auf etwa 20 Prozent.“
Wo liegen denn die Gründe für den derzeitigen Boom?„Es gibt natürlich mehrere Gründe. Zum einen sind Bioprodukte mittlerweile auch in Tschechien gefragt, das Geld dazu ist vorhanden. Die Nachfrage steigt, auch seitens der Händler und der verarbeitenden Industrie. Der zweite Grund sind die Beihilfen vom Landwirtschaftsministerium und von den Strukturfonds der EU. Sie geben den Ökobauern einen Vorteil. Das heißt, wer bisher unentschieden war, ob er ökologisch anbauen soll, bekam in den vergangenen zwei Jahren einen triftigen Grund, es zu tun.“
Was müssen die Bauern eigentlich tun, um ihren Betrieb ökologisch umzugestalten?
„Die Grundlagen sind ja durch eine EU-Richtlinie geregelt und deswegen bei uns dieselben wie in Österreich, Deutschland oder anderswo. Nur Nuancen sind in einem eigenen tschechischen Gesetz geregelt. Für den Ökobauern bedeutet dies, dass er keinen stickstoffhaltigen Kunstdünger benutzen darf und auch keine Pflanzen vernichtenden Schutzmittel. Wenn ein Bauer sich entschließt, seinen Betrieb ökologisch umzustellen, dann kann der Prozess nach zwei Jahren bei Acker und Weide abgeschlossen sein. Und bei Hopfen, Obst und Wein sind es drei Jahre.“Wir haben über einen Boom bei der ökologischen Landwirtschaft gesprochen. Wo hakt es aber noch weiterhin?
„Ich sehe zwei Probleme. Die ökologische Anbaufläche ist in Tschechien immer noch klein. Die meisten Biobauern haben ihren Betrieb am Rande der Berge oder in den Bergen und züchten vor allem Rinder. Das heißt, auf dem hiesigen Markt gibt es genügend Fleisch, und die Produktion von Käse boomt gerade. Biowein ist auch kein Problem. Uns fehlt aber Getreide und vor allem Gemüse, das ökologisch angebaut wird. Gemüsezüchtung erfordert viel Arbeit, in dem Bereich werden wir wohl noch lange auf Importe angewiesen sein. Zudem sehe ich derzeit auch ein großes Problem beim Absatz von Bioprodukten in kleineren Läden. Die Läden sind nicht ausreichend ausgestattet. Und die Bioprodukte gelangen derzeit auch nur schlecht in die kleineren Städte im Land.“