Finanzminister korrigiert Prognosen, Wirtschaftsweise schmieden Krisenplan
Tschechien hat als eines der wenigen Länder in Europa noch keinen Plan zum Kampf gegen die weltweite Finanzmarktkrise erarbeitet. Ein Grund ist sicher, dass das Land erst mit Verspätung die Wucht des Wirtschaftseinbruchs zu spüren bekommt. Am Sonntag berief nun Premier Mirek Topolánek ein Treffen der Regierung mit dem neu geschaffenen „Nationalen Wirtschaftsrat“ ein, eine Art Weisenrat der renommiertesten Ökonomen des Landes. Es ging darum, den Rahmen für einen Krisenplan abzustecken. Zugleich legte Finanzminister Miroslav Kalousek neue Prognosen für dieses Jahr vor.
„Die aktuellste Konjunkturprognose des Finanzministeriums liegt bei 1,4 Prozent Wachstum. Wobei das Risiko besteht, dass es weniger wird. Ein Wachstum von einem Prozent würde ich noch mit Erleichterung hinnehmen.“
Es könnte also auch schlimmer kommen. Regierungschef Mirek Topolánek sprach nach dem Regierungstreffen mit den Wirtschaftsweisen erstmals sogar von der Möglichkeit einer Rezession in Tschechien. Höchstens so stabil wie ein Wackelpudding ist damit das Fundament, um gegen die Folgen der Finanzmarktkrise anzukämpfen. Entsprechend breit gestreut waren auch die Vorschläge der zehn Wirtschaftsweisen an die tschechische Regierung – rund 250 Einzelpunkte wurden am Sonntag genannt. Nach sechs Stunden Sitzung gab es dennoch eine grundlegende Übereinkunft: Es soll nicht der Konsum angekurbelt werden, wie die oppositionellen Sozialdemokraten fordern. Denn 80 Prozent der tschechischen Güter werden exportiert. Das heißt: Nur jede fünfte Krone zur Stimulation des Verbrauchs - beispielsweise durch Steuersenkungen - würde in der tschechischen Wirtschaft landen.
Stattdessen will die Regierung nach Absprache mit den Wirtschaftsweisen die Firmen entlasten – und damit auch den Arbeitsmarkt beleben. Das könnte geschehen, indem die Sozialabgaben für Berufsanfänger gesenkt werden, hieß es. Finanzminister Kalousek lehnt es ganz prinzipiell ab, wie seine Kollegen in anderen Ländern Geschenke aus dem Staatssäckel zu machen. Das Maastricht-Ziel von drei Prozent Neuverschuldung möchte der Finanzminister auch in Zeiten der Finanzkrise fest in den Augen behalten. Staatsausgaben gebe es nur für gezielte Investitionen, sagte Kalousek:„Das sind Investitionen in die Wissenschaft, die Ausbildung, in die regionale Infrastruktur und Verkehrsverbindungen. Dabei werden wir Projekte vorziehen, die einen Multiplikatoreneffekt haben und die Beteiligung privater Investoren fördern.“
Doch was am Wochenende ausgearbeitet wurde, ist nur ein Entwurf. Die konkrete Form des Krisenpakets will die Regierung erst in den nächsten Wochen festlegen.