Neuer österreichischer Außenminister auf Antrittsbesuch in Prag
Es ist eine alte Tradition: Die erste Auslandsreise eines neuen österreichischen Außenministers führt in ein Nachbarland. Auch Michael Spindelegger, der seit 2. Dezember im Amt ist, hielt sich daran. Als erster österreichischer Außenminister wählte er Tschechien als Ziel für seinen Antrittsbesuch. Am Freitag traf er in Prag seinen tschechischen Amtskollegen Karel Schwarzenberg.
Tschechiens Außenminister Karel Schwarzenberg zeigte sich erfreut über Spindeleggers Geste. Man habe die Gelegenheit genutzt, um verschiedene bilaterale Fragen zu besprechen, etwa den weiteren Ausbau der Verkehrs-Infrastruktur. Michael Spindelegger betonte, unter Freunden könne man auch ganz offen über heikle Themen sprechen. Er habe seinem tschechischen Amtskollegen erneut die österreichischen Vorbehalte gegenüber dem südböhmischen Kernkraftwerk Temelín und dessen eventuellen Ausbau dargelegt. Auch die Frage der so genannten Beneš-Dekrete habe man erneut erörtert.
Ein weiterer Streitpunkt zwischen den beiden Nachbarstaaten sind die weiterhin bestehenden Zugangsbeschränkungen auf dem österreichischen Arbeitsmarkt. Wir haben darüber mehrmals ausführlich berichtet. Minister Schwarzenberg drängte auf eine Lösung„Ich habe dem Herrn Minister erklärt, dass sich Österreich nicht vor einer Überflutung seines Arbeitsmarktes durch tschechische Bürger fürchten muss.“
Mit Ende April dieses Jahres laufen die bisherigen Übergangsregelungen aus. Theoretisch könnte Österreich in Brüssel noch einmal eine Verlängerung um zwei Jahre beantragen. Dazu werde das Land aber – genauso wie Deutschland übrigens – „sehr gute Gründe“ brauchen, wie der zuständige tschechische EU-Kommissar Vladimír Špidla kürzlich im Radio-Prag-Interview betonte. Außenminister Spindelegger beließ es am Freitag bei einem recht vagen Statement:
„Ich nehme das so mit, als einen Wunsch der Tschechischen Republik, hier rasch zu einer Freizügigkeit zu kommen. Dafür werden wir unsere Diskussionen in Österreich intensivieren.“
Natürlich auch besprochen haben die beiden Außenminister die aktuelle Gas-Krise. Karel Schwarzenberg betonte, es handle sich wohl um einen bilateralen Streit zwischen Russland und der Ukraine. Dessen massive Auswirkungen für die EU verliehen ihm aber auch eine starke politische Dimension:
„Ich habe einen Satz schon so oft wiederholt, dass er mir schon selber auf die Nerven geht. Ich komme aber nicht umhin, ihn noch einmal einzutrommeln: Die Europäische Union ist lächerlich, und geht an ihrem wesentlichen Sinn vorbei, wenn sie zwar gemeinsame Käse-Regulierungen hat und bestimmt, was eine Marmelade, ein Jam oder sonst wie genannt wird, aber nicht zu einer gemeinsamen Energiepolitik findet.“