Verfassungsericht erklärt Lissabon-Vetrag für vereinbar mit der Verfassung
Mit großer Spannung war das Urteil des tschechischen Verfassungsgerichts zum EU-Reformvertrag von Lissabon erwartet worden. Am Dienstag hatten die Verfassungsrichter einigermaßen überraschend nach nur drei Stunden die Verhandlung vertagt. Am Mittwoch kurz nach zehn Uhr wurde die Entscheidung bekannt gegeben.
„Ich respektiere die Entscheidung des Verfassungsgerichts. Das habe ich schon zuvor stets betont. In allen sechs Punkten, in denen der Senat seine Einwände geltend gemacht hat, hat das Verfassungsgericht entschieden, dass sie nicht mit unserer Verfassung kollidieren. In diesem Sinne wird der Ratifizierungsprozess jetzt ohne Zweifel fortgesetzt werden. Ich erwarte allerdings nicht, dass die Debatte über den Vertrag jetzt ein Ende haben wird. Weder die öffentliche noch diejenige der Fachleute.“
Zufrieden mit dem Urteil zeigte sich auch Tschechiens Außenminister Karel Schwarzenberg:
„Das ist eine großartige Nachricht. Sowohl für Europa als auch für die Tschechische Republik. Ich bin dankbar, dass das Verfassungsgericht die Zweifel des Senats zerstreut hat. Jetzt herrscht endlich Klarheit. Ich bin wirklich dankbar dafür, dass wir in Zukunft nicht mehr darüber diskutieren müssen, ob der Vertrag im Einklang mit der Verfassung steht.“Diese optimistischen Erwartungen von Minister Schwarzenberg könnten allerdings enttäuscht werden. Das Gericht hat nämlich am Mittwoch nicht über den gesamten Lissabon-Vertrag geurteilt, sondern nur über jene Teile des Papiers, gegen die der Senat Einspruch erhoben hat. Damit bleibt den Parlamentariern und auch Staatspräsident Václav Klaus die Möglichkeit offen, erneut Einspruch gegen Teile des Lissabon-Vertrags zu erheben. Zunächst ist aber auf jeden Fall einmal das Parlament am Zug
„Natürlich geht der Ratifizierungsprozess jetzt weiter. Die Regierung wird ihn auf keinen Fall irgendwie verzögern. Es liegt jetzt an beiden Parlamentskammern, mit der Ratifizierung fortzufahren", so der Vizepremier für europäische Angelegenheiten, Alexandr Vondra.Die Grünen verlangen nun sogar eine Sondersitzung des Abgeordnetenhauses, um so schnell wie möglich über den Lissabon-Vertrag abzustimmen. Das letzte Wort hat aber Staatspräsident Václav Klaus. Er muss den Vertrag nach der Ratifizierung durch das Parlament unterzeichnen. Bereits vor einigen Tagen hat das Staatsoberhaupt angekündigt, sich damit Zeit lassen zu wollen. So lange, bis die Situation in Irland geklärt sei. Womöglich wird Klaus das Papier auch noch einmal dem Verfassungsgericht zur Überprüfung übermitteln. Angesichts der überaus heftigen Kritik, die Klaus am Dienstag in seiner Rede vor dem Verfassungsgericht am EU-Reformvertrag geäußert hat, gilt dieser Schritt als ziemlich wahrscheinlich. Am 1. Januar übernimmt Tschechien die EU-Ratspräsidentschaft. Dass das Land den Lissabon-Vertrag noch vor diesem Datum ratifiziert, erscheint nach dem heutigen „Ja, aber“-Urteil so gut wie ausgeschlossen.