Brüsseler Traum: Ausstellung über EXPO 58 und Lebensstil der Sechziger
Wenn jemand in Tschechien über den Brüsseler Stil spricht, meint er bestimmt nicht die Art und Weise, wie Entscheidungen in der Europäische Union getroffen werden. Vor allem unter der älteren Generation der Tschechen und Slowaken hat sich der Begriff „Brüsseler Stil“ für Design eingelebt, den sie mit der EXPO 58 in Brüssel verbinden. Die tschechoslowakische Teilnahme an der Weltausstellung vor 50 Jahren war sehr erfolgreich. Tschechische Historiker bereiteten nun eine Ausstellung vor, die an die EXPO 58 erinnert.
„Er bezieht sich einerseits auf den Charakter der tschechoslowakischen Ausstellung, die 1958 die Aufgabe hatte, die Tschechoslowakei als eine ideale harmonische Gesellschaft zu präsentieren, in der alle am Aufbau einer kommunistischen Gesellschaft arbeiten. Diese Ausstellung nimmt auf die Wirklichkeit in der damaligen Tschechoslowakei Bezug wie ein Traum zur Realität. Den Brüsseler Traum kann man aber ebenso als einen Traum über den Erfolg deuten, den die Tschechoslowakei auf der EXPO 58 feierte. In Brüssel erhielt sie damals die größte Zahl an Auszeichnungen und besiegte somit alle Länder. Den Brüsseler Traum kann man außerdem als den Traum deuten, wie sich die Welt nach dem Zweiten Weltkrieg und der Epoche der stalinistischen Politik nach langer Pause wieder geöffnet hat.“
Die Tschechoslowakei stellte sich damals in Brüssel mit vielen Kunst- und Industrieprodukten vor, die an das hohe Niveau des Designs aus der Ersten Republik anknüpften. Die Leichtigkeit, die für die Weltausstellung in Brüssel charakteristisch war, hing mit den Änderungen des Lebensstils zusammen. Zu jener Zeit tauchte so zum ersten Mal das Phänomen der Freizeit auf, sagt die Kuratorin. Ihren Worten zufolge wurde die tschechoslowakische Ausstellung für Brüssel lange und sorgfältig vorbereitet. Die damalige Führung der ČSSR war sich bewusst geworden, dass es notwendig wäre, die Tschechoslowakei im Westen zu präsentieren. Mit der Gestaltung der Ausstellung wurden namhafte Architekten und Künstler beauftragt. Die Regierung organisierte anlässlich der EXPO auch eine Werbekampagne im Ausland. Es wurden zahlreiche Souvenirs hergestellt,und an die Journalisten wurden nicht nur Materialien zur Ausstellung, sondern auch über die Tschechoslowakei verteilt, sagt Daniela Kramerová.„Der Höhepunkt der Werbekampagne war die Veranstaltung ´Ein Tag in der Tschechoslowakei´. Dutzende ausländische Journalisten wurden eigens dazu direkt in die Tschechoslowakei gebracht, um dort einen Tag zu verbringen.“Für das Land symbolisierte die Teilnahme an der EXPO 58 damals auch einen Übergang von den tragischen Jahren des Stalinismus hin zu einer gemäßigten Entspannung in den sechziger Jahren. Die Ausstellung „Brüsseler Traum“, die an die EXPO 58 und den Lebensstil der 60er Jahre erinnert, wurde von mehreren Institutionen vorbereitet – unter anderem von der Galerie der Hauptstadt Prag und dem Prager Kunstgewerbemuseum.