Wenzel Jaksch: Über Krieg und Frieden

Wenzel Jaksch (Foto: ČTK)

Es ist November 1937, Hitler ist seit vier Jahren an der Macht, das Wort „Krieg“ fällt immer häufiger, mit Begeisterung aber auch mit Angst in der Stimme. In der Tschechoslowakei wächst die Spannung zwischen Tschechen und Sudetendeutschen… und Wenzel Jaksch hält eine Ansprache.

Wenzel Jaksch  (Foto: ČTK)
„Wir leben an einer Zeitenwende, das Thema Krieg oder Frieden umfasst das Schicksal Europas und Zukunft der Menschheit. Die aus Denkfaulheit geborene Behauptung, Kampf um den Frieden sei nutzlos, weil es immer Kriege geben werde, ist durch die moderne Technik restlos widerlegt. Mit den neuzeitlichen Waffengattungen können die Völker nicht beliebig oft in den Krieg getrieben werden. Moderne Kriege sind Katastrophen physischen Ausrottung und der wirtschaftlichen Ausblutung.“

Es ist November 1937, Hitler ist seit vier Jahren an der Macht, das Wort „Krieg“ fällt immer häufiger, mit Begeisterung aber auch mit Angst in der Stimme. In der Tschechoslowakei wächst die Spannung zwischen Tschechen und Sudetendeutschen… und Wenzel Jaksch hält diese Ansprache. Wenzel Jaksch ist Mitglied der sudetendeutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei und tschechoslowakischer Abgeordneter.

„Wir sind ein Grenzvolk, im Kriegsfalle tausendmal mehr gefährdet als die Bürger der Vereinigten Staaten. Das muss sich jeder Sudetendeutsche vor Augen halten, der noch einen Funken Verantwortungsgefühl in sich trägt. Noch ist es an der Zeit, das Gewissen und die Vernunft sprechen zu lassen. Wohl sind einige Länder bereits von der Kriegsfurie heimgesucht, aber der gesamteuropäische Krieg, der in einen Welt umspannenden Krieg münden müsste, ist kein unabwendbares Schicksal.“

Der Krieg sei abwendbar, das war Jakschs Überzeugung. Übrigens auch im Sudetenland wurde Jaksch vor allem durch seine eindeutige Ablehnung Hitlers und dessen Politik bekannt. Zuerst bekannt, später aus dem gleichen Grunde auch gehasst.

„Wir Sudetendeutschen haben sehr wenig von der Aufrüstungskonjunktur und hätten noch weniger von einer Kriegswirtschaft zu erwarten. Unsere Friedensindustrien profitieren jedoch wesentlich von der langsamen wirtschaftlichen Erholung der Welt, die Exportziffern beweisen es. Die Arbeitslosenziffern weisen einen erfreulichen Rückgang auf. Darüber soll keineswegs übersehen werden, dass in den mehrheitlich deutschen Bezirken noch immer gegen 125.000 Arbeitslose registriert werden. Diese ganz erhebliche Restarbeitslosigkeit können wir aber nur im Rahmen einer neuen europäischen Friedensentwicklung überwinden, die uns Raum für wirtschaftliche und soziale Opferarbeit lässt. Ist einmal die Kriegsburg vom europäischen Kontinent genommen, dann wird auch in unserem Grenzland neuer Handel und Wandel blühen. Alle unsere Nachbarn brauchen den Frieden genauso lebend notwendig wie wir.“

Der Frieden war den europäischen Völkern nicht vergönnt – das ist eine historische Tatsache. Nach dem Einmarsch der Nazis in die Tschechoslowakei 1939 musste Jaksch das Land verlassen, zuerst in Richtung Polen, dann nach London. Ein Schicksal, das viele teilten. Nach dem Krieg ist er in die Tschechoslowakei, für deren Erhaltung er sich vor dem Krieg eingesetzt hatte, nicht zurückgekehrt. Er lehnte die Politik Edvard Benešs ab.