Tschechien vor dem Nato-Gipfel: Wie viel US-Radar verträgt die Allianz?

Mit Spannung wird in Tschechien der Nato-Gipfel in Bukarest erwartet. Das Treffen in der rumänischen Hauptstadt beginnt am Mittwoch. Dort soll nämlich unter anderem über das amerikanische Raketenabwehrsystem verhandelt werden und damit auch über die zum System gehörige Radaranlage in Mittelböhmen. Äußerungen von Premier Mirek Topolánek und Außenminister Karel Schwarzenberg deuten darauf hin, dass der außenpolitische Rahmen für das Radar nun langsam festgezurrt wird. Das hätte auch Folgen für die innertschechische Diskussion über die Anlage.

Premier Mirek Topolánek  (Foto: ČTK)
Praktisch schon unterschriftsreif, so bezeichnet Premier Topolánek die vier Verträge mit den Amerikanern über den Bau der Radaranlage in Tschechien. Ein Jahr der Verhandlungen zwischen Prag und Washington würde damit zu Ende gehen. Es gebe nur noch kleine Details zu regeln, präzisierte Außenminister Karel Schwarzenberg am Sonntag in einer Talkshow des Tschechischen Fernsehens den Stand der Dinge:

„Die Details betreffen den Umweltschutz. Wir haben zwar ähnliche Vorstellungen, aber das amerikanische und das tschechische Rechtssystem unterscheiden sich etwas, und das muss noch geregelt werden. Ich sehe das nicht als großes Hindernis, aber es muss noch geklärt und verhandelt werden.“

Der Termin für die gemeinsame Vertragsunterzeichnung könnte laut Schwarzenberg Anfang Mai liegen. Beim Nato-Gipfel gibt es zuvor noch Stoff zur Diskussion. So kommen direkt in Bukarest und kurz danach im russischen Badeort Sotschi beide Noch-Präsidenten zusammen: George Bush und Wladimir Putin. Sie werden über das bisherige „Njet“ der Russen zum amerikanischen Raketenabwehrsystem reden. Ob dabei eine Einigung gelingt, ist offen. Die Amerikaner haben den Russen jedenfalls angeboten, in gewissen Abständen die Radaranlage in Mittelböhmen kontrollieren zu können. Das hatte wiederum in Tschechien Befürchtungen ausgelöst: Hier werde über unsere Köpfe hinweg entschieden, war der Vorwurf vieler Tschechen. Zu Unrecht, wie Außenminister Schwarzenberg am Sonntag anmerkte. Russische Kontrollen gebe es nur, wenn auch Prag zustimme und einen eigenen Vertrag mit Moskau schließt.

Außenminister Karel Schwarzenberg
Streit war aber auch unter den Nato-Partnern aufgekommen. Einige Länder wie Deutschland und die Slowakei wollen, dass der europäische Pfeiler der US-Raketenabwehr - und damit auch das Radar - in die Nato-Strukturen eingebunden wird. Premier Topolánek glaubt an eine Lösung in Bukarest:

„Ein Teil des Schlusskommuniqués beim Nato-Gipfel wird sicher die Raketenabwehr betreffen. Die einzige Frage besteht darin, ob die Formulierung eher weich oder hart sein wird. Wir sind dafür, dass sie möglichst eindeutig ist.“

Ein eindeutiges Ja zur Einbindung also? Außenminister Schwarzenberg:

„Ein kaum bekannter Erfolg der tschechischen Außenpolitik ist, dass wir die Amerikaner überzeugt haben, das Raketenabwehrsystem in die Nato-Strukturen einzubinden.“

Genau das hatte Schwarzenbergs Partei - die tschechischen Grünen - gefordert. Nur unter diesen Umständen sind sie bereit, im Parlament in Prag dem Bau der Radaranlage zuzustimmen. Topolánek scheint also auf dem besten Weg, eine Mehrheit im Parlament für das Radar zusammenzubekommen. Gegen das Projekt ist hingegen die linksgerichtete Opposition. Was das Kabinett aber viel eher quält, ist die Ablehnung in der Bevölkerung. Immer noch sind zwei Drittel der Tschechen gegen eine amerikanische Militärbasis in ihrem Land. Die letzten Umfragen haben dies erneut bestätigt.