Prager Schiedsgericht entscheidet bei Zank um internationale Internetdomänen

In Prag wird künftig bei Streitigkeiten über die Vergabe von internationalen Internetdomänen entschieden. „.com“, „.net“, „.org“ und ähnliche Endungen von Internetadressen fallen damit auch in den Verantwortungsbereich des tschechischen Schiedsgerichtes bei der Wirtschafts- und der Landwirtschaftskammer der Tschechischen Republik.

Folgender Fall: Sie gründen ein europaweit agierendes Unternehmen und brauchen dazu natürlich auch einen ansprechenden Internetauftritt. Am besten mit der Internetadresse „soundso.eu“, sprich „dot.eu“. Leider ist aber die Adresse, die Sie gewählt haben, schon vergeben. Dann können Sie das Problem vor einem Gericht lösen. Das dauert bis zu vier Jahre. Oder Sie wenden sich für ein so genanntes alternatives Streitbeilegungsverfahren (ADR-Verfahren) an ein Schiedsgericht. Das Schiedsgericht für diese europäischen Fälle hat seinen Sitz in Prag, bei der Wirtschaftskammer und der Agrarkammer der Tschechischen Republik. Vor zwei Jahren bekam das Gericht vom internationalen Internetverwalter „Icann“ die Berechtigung, in derartigen Streitigkeiten für die gesamte Europäische Union zu entscheiden. Nun hat das Prager Gericht auch die Schieds-Berechtigung für Fälle aus der ganzen Welt erhalten. Die Tschechische Republik hat damit eine Vorreiterrolle übernommen, wie der Vorsitzende des Gerichtes, Bohuslav Klein erklärt:

„Wir sind das erste Land innerhalb der EU, in dem eine Institution eine solche Entscheidungsbefugnis hat. Ein solches Schiedsgericht gibt es sonst nur noch in den USA, in der Schweiz und im asiatischen Raum.“

Die Vergabe von Internetadressen hat für Firmen, Städte und Einzelpersonen oft eine große wirtschaftliche Bedeutung. Die Zahl der Klicks auf eine Webseite sind heutzutage ein Maßstab für Wichtigkeit. Die Zahl der Streitfälle um Internetdomänen gehen bei den Schiedsgerichten in die Tausende. Warum hat gerade eine tschechische Institution das Vertrauen einer solchen Weltorganisation wie „Icann“ gewonnen, die die Domänen zuteilt? Bohuslav Klein:

„Wir mussten die Organisation davon überzeugen, dass wir die Fähigkeiten dazu haben. Die ersten Kontakte hatten wir im Jahr 2006. Im Januar 2007 haben wir den Antrag gestellt, dann gab es zwei öffentliche Anhörungen, in denen wir uns erklären mussten. Meiner Ansicht nach war aber letzlich entscheidend, dass wir in den Streitigkeiten bei den Domänen dot.eu gute Arbeit geleistet haben.“

In welchem Maße ist eigentlich das Urteil eines solchen Schiedsgerichtes, wie dem in Prag, bindend für die streitenden Parteien?

„Für beide Parteien ist es bindend. Wichtiger ist aber, dass auch der Registrator verpflichtet ist, dann auch die Domäne auf denjenigen zu überschreiben, dem sie nach unserer Entscheidung gehören sollte.“

Ein Verfahren vor dem tschechischen Schiedsgericht in Prag kostet ab 1665 Euro. Möglicherweise eine lohnende Investition.