Wie die Kommunisten an die Macht kamen – der Februar 1948

Februar 1948

Vor 60 Jahren, am 25. Februar 1948, begann die kommunistische Alleinherrschaft in der Tschechoslowakei. Es war ein kurzer Marsch zur Machtübernahme, wie es der Historiker Karel Kaplan in seinem Buch dargestellt hat. Bis heute ist zudem erstaunlich, auf wie wenig Widerstand die Kommunisten in der Tschechoslowakei dabei stießen.

Kriegsende 1945 in Prag
Als der Zweite Weltkrieg beendet war, standen die Menschen in der Tschechoslowakei immer noch unter dem Schock der deutschen Okkupation. Gegen die Besetzung durch Hitler war der Staat machtlos gewesen, deswegen sollte nun ein neuer, anderer Staat entstehen. Erste Weichenstellungen waren bereits im Exil erfolgt. Dazu gehörte der Freundschaftsvertrag mit der Sowjetunion, den Ex-Präsident Edvard Beneš in London unterzeichnet hatte. Ebenso gehörte dazu die Annäherung zwischen den Kommunisten und den restlichen Linksparteien.

Unmittelbar nach dem Krieg kehrte Beneš in seine Heimat zurück und übernahm erneut das Präsidentenamt. Mit ihm kam auch die Exilregierung der Nationalen Front – eine linksgerichtete Koalition von fünf Parteien.

„Diese Rückkehr im Mai 1945 war sicher ein wichtiger Markstein für die steigende Macht der Kommunisten in der Tschechoslowakei. Denn in der ersten Regierung der Nationalen Front hatten sie bereits eine starke Position inne. Kommunisten besetzten das Innen-, Finanz-, Landwirtschafts- und das Informationsministerium“, sagt der Historiker Jiří Kocian vom Institut für Zeitgeschichte der tschechischen Akademie der Wissenschaften.

Alle wichtigen Entscheidungen wurden innerhalb der Nationalen Front getroffen, eine Opposition gab es nicht. Parteien, die im Protektorat mit den Nationalsozialisten zusammengearbeitet hatten, wurden verboten.

Umgebaut werden sollte aber nicht nur die politische Ordnung. Man wollte auch ökonomisch nicht mehr Spielball sein – wie noch bei der Weltwirtschaftskrise. Die Änderungen sollten deswegen weit reichend sein, wie Präsident Beneš bei seiner ersten öffentlichen Rede in Prag im Mai 1945 betonte:

„Wir müssen unserem Wirtschafts- und Sozialleben einen neuen Zuschnitt geben, eine neue Planung der Industrie und Landwirtschaft einführen.“

Das Regierungsprogramm von 1945, das nach seinem Entstehungsort auf Deutsch Kaschauer Programm hieß, ließ bereits deutlichen kommunistischen Einfluss erkennen. In der Folge hieß dies: Mehr als Drei Viertel der Industriebetriebe wurden verstaatlicht, die meisten wurden den Deutschen und den Nazi-Kollaborateuren weggenommen. Auf dem Land wurde eine Bodenreform durchgeführt. Nutznießer waren aber auch die Mittelschicht und die Beamten. Überhaupt klang für die breite Masse das Wort „Sozialismus“ damals in der Tschechoslowakei durchaus attraktiv – wie auch in vielen anderen Ländern Europas nach dem Krieg.

Februar 1948 in Prag
„Mit dem Kaschauer Programm punkteten vor allem die Kommunisten bei der Bevölkerung. Sie beanspruchten dieses nationale Programm für sich, obwohl es eigentlich das der ganzen Regierung war. Sie sagten, sie hätten es eingebracht“, so der Historiker Kocian.

Dieses Argument half den Kommunisten später bei der Machtübernahme, um die Massen hinter sich zu bringen. Einen weiteren Markstein stellten die ersten Wahlen nach dem Krieg im Mai 1946 dar. 38 Prozent der Wähler stimmten für die Kommunisten und machten diese damit zur stärksten Partei im Land. Für Präsident Beneš und die anderen vier Parteien war dies ein Schock, augenscheinlich hatten sie das Machtpotenzial der Kommunisten unterschätzt.

Dritter und letzter Markstein auf dem Weg zur Macht war die außenpolitische Orientierung der Nachkriegs-Tschechoslowakei. Bereits 1943 legte der Freundschaftsvertrag mit der Sowjetunion die Richtung fest. Stalin galt als der wichtigste Beschützer vor Deutschland sowohl in den Augen der politischen Führung, als auch breiter Bevölkerungsschichten in der Tschechoslowakei. Diese Vorstellung blieb nach dem Krieg erhalten. Aus Freundschaft sollte jedoch kommunistische „Druschba“ werden - erstmals zeigt sich dies im Sommer 1947 bei den Verhandlungen über den amerikanischen Marshall-Plan.

Antonín Zápotocký
„Hier lässt sich ein Wandel der sowjetischen Politik sowohl in den europäischen und internationalen Beziehungen, als auch in den Beziehungen gegenüber der Tschechoslowakei erkennen. Stalin erteilte den Vertretern der Tschechoslowakei unmissverständlich den Befehl, die Verhandlungen in Paris verlassen. Das mussten die Prager Regierung und Beneš akzeptieren und taten dies auch. Stalin präsentierte dies nämlich knallhart als Frage des Bündnisses und der Freundschaft zwischen der Tschechoslowakei und der Sowjetunion.“

Und die westlichen Alliierten ließen Stalin gewähren, so Jiří Kocian. Großbritannien hatte der Tschechoslowakei bereits 1945 den Rücken zugekehrt, Frankreich und die Vereinigten Staaten taten dies erst später.

Nach der Affäre um den Marshallplan beginnen die tschechoslowakischen Kommunisten endgültig die Machtübernahme vorzubereiten. Sie treten innerhalb der Regierung immer kompromissloser auf und ignorieren die Beschlüsse der gemeinsamen Nationalen Front. Innerhalb der Regierung nehmen die Spannungen zu.

Edvard Beneš
Mitte Februar 1948 erhält der nicht-kommunistische Justizminister Prokop Drtina die Nachricht, dass acht leitende Prager Polizeifunktionäre abberufen wurden und durch Kommunisten ersetzt werden sollen. Es bricht ein offener Streit aus, zwölf nicht-kommunistische Minister sagen bis auf weiteres ihre Beteiligung an den Kabinettssitzungen ab. Die Kommunisten beginnen die Massen aufzuwiegeln. So zum Beispiel der kommunistische Gewerkschaftsvorsitzende Antonín Zápotocký in einer Rede:

„Schwerlich können die Richter Urteile im Geiste der Volksrepublik und der neuen Rechtsordnung fällen, wenn der Leiter der Justiz die Demokratie des Volkes sabotiert.“

Am 20. Februar 1948 treten die zwölf nicht-kommunistischen Minister zurück. Präsident Edvard Beneš soll entweder vorgezogene Neuwahlen ausrufen oder eine Beamtenregierung einsetzen, hoffen sie. Die Kommunisten jedoch mobilisieren die Volksmiliz. Kocian:

Februar 1948 - Klement Gottwald
„Ab Sonntag, dem 22. Februar erhält Beneš viele Nachrichten, dass die Bewaffnung der Volksmiliz eine Reihe gewalttätiger Folgen hat. So werden unter Gewaltandrohung die Zentralen der nicht-kommunistischen Parteien durchsucht sowie die Wohnungen ihrer Parteigänger. Parlamentarier werden ohne Rücksicht auf ihre Abgeordneten-Immunität festgenommen.“

Am 25. Februar kann Beneš dem Druck nicht mehr standhalten und beauftragt den kommunistischen Parteivorsitzenden und Premier Klement Gottwald mit der Bildung einer neuen Regierung. Auf dem Prager Wenzelsplatz hält Gottwald seine berühmteste Rede:

„Ich komme gerade von der Prager Burg vom Präsidenten der Republik. Ich kann Ihnen mitteilen, dass der Präsident alle meine Vorschläge angenommen hat.“

Wenige Monate später tritt Edvard Beneš zurück und Klement Gottwald wird sein Nachfolger. Es ist der Beginn der Einparteien-Herrschaft, die erst 1989 in der Samtenen Revolution beendet wird.

Autor: Till Janzer
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