Maastricht-Kriterien: Tschechien wird auch 2008 kein Musterschüler

Nachdem im November mit 5,1 Prozent ein langjähriges Hoch bei der Inflation erreicht wurde, bedroht die Teuerungsrate nun bereits Tschechiens Maastricht-Ziel zur Einführung des Euro. Einen entsprechenden Bericht hat das Finanzministerium am Mittwoch dem Kabinett vorgelegt.

Foto: Archiv ČRo 7
Mit einer ausgesprochen hohen Inflationsrate hatte die tschechische Wirtschaft zuletzt im Jahr 1998 zu kämpfen. Um 10,7 Prozent explodierten damals die Preise. Zwar drangen aus dem Verhandlungssaal, in dem das tschechische Kabinett am Mittwoch tagte, noch keine konkreten Zahlen. Doch lässt sich eines bereits sagen: So schlimm wie zehn Jahre zuvor wird es 2008 nicht. Wirtschaftsanalysten hatten vor kurzem von Werten um 5 Prozent Inflation gesprochen.

Das Maastricht-Ziel für die Inflation gibt ohnehin keinen absoluten Wert vor. Vielmehr heißt es: Eurokandidaten dürfen allenfalls 1,5 Prozentpunkte über dem Durchschnitt der besten Drei in der EU liegen. Die Preise steigen dabei derzeit in ganz Europa. Und der Preisanstieg werde, so glaubt das Finanzministerium, nur eine einmalige Abweichung bleiben. Minister Miroslav Kalousek fürchtet daher auch nicht um das Image seines Landes:

Finanzminister Miroslav Kalousek
„Dem Ansehen der Tschechischen Republik würde eher schaden, wenn wir unsere Finanzen nicht disziplinieren würden, wenn wir die Limits für unsere Staatsausgaben nicht einhalten und das Defizit nicht senken könnten. Das würde uns sehr schaden, nicht aber dieses Phänomen.“

Was Kalousek verschweigt: Tschechien ist alles andere als ein europäischer Musterschüler. Vor zwei Monaten musste man sogar einen Eintrag ins Klassenbuch hinnehmen. Brüssel vermerkte, dass in diesem Jahr wieder nicht das Ziel von maximal drei Prozent Neuverschuldung erreicht wird, Versetzung gefährdet. Auf diese Weise muss Tschechien nämlich noch ein paar Ehrenrunden drehen, bis der Euro auch hier eingeführt werden kann. Und das weiß auch Miroslav Kalousek. Schließlich schreibt er sogar selbst in dem Bericht seines Ministeriums: Tschechien sei noch nicht reif einen Termin für die Einführung des Euro festzulegen. Allerdings: So richtig scheint dies angesichts der starken eigenen Währung die tschechischen Politiker nicht zu stören.

So hat man sich für das kommende Jahr auch nur milde Besserung vorgenommen. 2,95 Prozent Neuverschuldung sind im Haushalt 2008 festgeschrieben, magere 0,05 Prozentpunkte unter dem Limit. Einzig bei zwei weiteren Maastricht-Zielen geht Tschechien mit gutem Beispiel voran: bei der Höhe Gesamtverschuldung des Landes und der Höhe der Zinssätze. Hier erfüllt man bereits seit Jahre ohne Probleme die Vorgaben aus Brüssel.

Autor: Till Janzer
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