Europäische Sozialdemokraten gegen US-Raketenabwehrschild

Kurt Beck (links) und Jiri Paroubek (Foto: CTK)

Das von den USA in Tschechien und Polen geplante Raketenabwehrsystem beschäftigt längst nicht nur die Politik in den unmittelbar beteiligten Ländern. Russland hat schwere Bedenken angemeldet, und auch viele Partner in der NATO und der EU sind von dem Alleingang Washingtons nicht begeistert. In Prag hat sich am Freitag der Widerstand europäischer Sozialdemokraten formiert.

Kurt Beck  (links) und Jiri Paroubek  (Foto: CTK)
Die sozialdemokratischen Parteichefs aus Tschechien, Deutschland, Österreich, Polen, Slowenien und der Slowakei haben sich in einem gemeinsamen "Prager Aufruf" vehement gegen das in Mitteleuropa geplante US-Raketenabwehrsystem ausgesprochen. In der von der SPD und der SPÖ vorbereiteten Erklärung heißt es unter anderem, dass der Streit um das Raketenabwehrschild zu Spannungen zwischen den USA und Russland geführt habe. Dies beschwöre die Gefahr eines neuen Rüstungswettlaufs herauf, befürchtet auch SPD-Chef Kurt Beck:

"Das, was an Maßnahmen zu treffen ist, die sich gegen Übergriffe möglicher Gegner der freien Welt insgesamt richten, soll auf einer gemeinsamen Aktion aller Verantwortlichen fußen - sowohl Amerikas als auch Europas als auch Russlands. Wir wollen ausdrücklich die anderen Völker eingebunden sehen", so Beck in Prag.

Jiri Paroubek, der Chef der oppositionellen tschechischen Sozialdemokraten, plädiert ebenfalls für einen verstärkten Sicherheitsdialog mit Moskau:

Alexandr Vondra
"Ich glaube, der Westen muss sich der Tatsache bewusst sein, dass Russland heute in einer besseren finanziellen Situation als je zuvor ist. Die finanziellen Möglichkeiten steigern natürlich das Selbstbewusstsein des Landes, und ich halte es für durchaus realistisch, von der Notwendigkeit von Verhandlungen zu sprechen. Es ist gut, Russland zum Partner zu haben, und nicht zum - sagen wir Gegner. Um nicht noch ein anderes Wort zu gebrauchen."

Laut US-Angaben soll das System auch gar nicht gegen Russland gerichtet sein, sondern gegen Bedrohungen aus anderen Staaten, wie zum Beispiel dem Iran. Genau deshalb, so die Kritiker, dürfe die Stationierung neuer Raketen in Europa keine Angelegenheit einiger weniger Länder sein. Dinge, die Europa betreffen, sollten auch in ganz Europa diskutiert werden, und nicht lediglich auf der Ebene bilateraler Beziehungen, meinte etwa der österreichische Bundeskanzler, SPÖ-Chef Alfred Gusenbauer.

Die Mitte-Rechts-Regierung in Prag unterstützt hingegen die US-Pläne zur Errichtung einer Raketenbasis in Polen und einer dazugehörigen Radarstation in Mittelböhmen. Vom "Prager Aufruf" europäischer Sozialdemokraten zeigte sie sich erwartungsgemäß unbeeindruckt. Vizepremier Alexandr Vondra, im Kabinett für die Europapolitik zuständig, sprach von einem "politischen Theater" und einer "populistischen Erklärung, die zu nichts verpflichtet". Deutsche Sozialdemokraten würden überdies auch die amerikanischen Militärbasen im eigenen Land nicht in Frage stellen, fügte Vondra hinzu.