Und jetzt andersrum: Fall Cunek geht weiter

Jiri Cunek (Foto: CTK)

Gegen Vizepremier und Christdemokraten-Chef Jiri Cunek wird nicht mehr wegen Verdacht auf Korruption ermittelt. Die zuständige Staatsanwaltschaft hat die Untersuchungen in der vergangenen Woche wegen ernster Verfahrensfehler eingestellt; der Fall ist beendet - und geht wieder von neuem los. Allerdings unter umgekehrten Vorzeichen. Nun soll wegen Falschaussage gegen die Kronzeugin der Anklage ermittelt werden. Derweil streiten die Parteien, welche Konsequenzen zu ziehen sind - wenn überhaupt.

Jiri Cunek  (Foto: CTK)
Monatelang hatten die Korruptionsermittlungen gegen Vizepremier Jiri Cunek in Tschechien die Öffentlichkeit beschäftigt und die Regierungskoalition vor die Zerreißprobe gestellt. Zu den wechselseitigen Vorwürfen von Anklage und Verteidigung gesellte sich zum Schluss noch ein weiterer: Die Polizei habe schlecht gearbeitet, die Ermittlungen seien einseitig geführt worden. Staatsanwalt Arif Salichov hatte daraufhin entschieden, die Untersuchungen gegen Cunek wegen Verfahrensmängeln einzustellen. Zurecht, meint nun auch Salichovs Vorgesetzter Petr Coufal von der Bezirksstaatsanwaltschaft in Brno / Brünn:

"Die Unzulänglichkeiten, die Dr. Salichov und die Oberste Staatsanwaltschaft in den Akten festgestellt haben, haben sich für mich bestätigt, und darüber hinaus habe ich noch weitere gefunden, über die bislang noch nicht gesprochen wurde, die ich aber genauso für Verstöße gegen die Strafprozessordnung halte."

Abgeschlossen ist der Fall damit für Coufal aber nicht. Er kündigte an, Anzeige gegen Marcela Urbanova zu erstatten. Die ehemalige Sekretärin Cuneks hatte mit den Korruptionsvorwürfen gegen ihren früheren Chef die Affäre losgetreten. Nach Überzeugung von Staatsanwalt Coufal sind ihre Aussagen aber unhaltbar:

"Ich bin überzeugt davon, dass ein Großteil der Aussagen von Frau Urbanova Lügen sind und von vielen Zeugen widerlegt wurden. Mir anderen Worten: Wenn ich Frau Urbanova Glauben schenken soll, dann heißt das, dass mindestens 15 andere Zeugen, darunter auch ein evangelischer Pfarrer, schlicht und einfach gelogen haben."

Urbanovas Anwältin wies darauf hin, dass eine Anzeige ihrer Mandantin nicht ungelegen käme - als Beschuldigte hätte sie dann das Recht, die Verfahrensakten einzusehen.

Unterdessen streiten sich die Parteien, welche Konsequenzen aus der Affäre gezogen werden sollen. Viel beschworen: die politische Kultur. Die sei beschädigt worden durch die Rücktrittsweigerung von Cunek, so der Vizechef der Sozialdemokraten, Bohuslav Sobotka. Als Vizepremier habe Cunek indirekt Druck auf die Staatsanwaltschaft ausüben können. Cuneks Parteigenosse, Finanzminister Miroslav Kalousek, sieht die Zusammenhänge anders:

"Die Staatsanwaltschaft in Tschechien ist unabhängig. Das, was der politischen Kultur schadet, ist diese Unabhängigkeit zu bezweifeln."

Womit auch der Fall Cunek dort angekommen ist, wo in Tschechien fast alle politischen Auseinandersetzungen enden: im allgemeinen Grabenkampf der Parteien.