Herz- und Kreislauferkrankungen - Todesursache Nummer eins

Atemnot, plötzlich eintretender Schmerz am Brustbein, im linken oder rechten Arm, Übelkeit - das sind die Symptome, mit denen sich ein akuter Herzinfarkt ankündigen kann. Mit diesen Informationen werden wir in Arztpraxen und in den Medien versorgt. Obendrein wird man beinahe auf Schritt und Tritt über die Risiken von Infarkten einschließlich der Prophylaxe aufgeklärt. Und trotzdem: Angesichts der jährlich in Tschechien verzeichneten Todesfälle durch Infarkt scheint dies immer noch nicht auszureichen. Jitka Mladkova unterhielt sich mit dem namhaften tschechischen Herzspezialisten Professor Jan Pirk.

Während kardiovaskuläre Erkrankungen in Europa 46 Prozent der Todesursachen bei den Frauen und 39 Prozent bei den Männern darstellen, sind es in Tschechien bei beiden Geschlechtern im Schnitt mehr als 50 Prozent. Die Todesursache Nummer eins in Tschechien also.

Die Zahl der Todesfälle durch Infarkt ging in letzter Zeit etwas zurück. Dennoch: Es besteht kein Grund zur Entwarnung. Im Vergleich mit hoch entwickelten europäischen Ländern hinkt Tschechien auf diesem Gebiet immer noch hinterher. Und das trotz vorhandener Spitzenmedizin in den so genannten Kardiozentren. Professor Jan Pirk, Kardiochirurg vom Prager Institut für klinische und Experimentalmedizin:

"Was die Diagnose des akuten Herzinfarkts anbelangt, da kann man sagen, dass der tschechische Patient wahrscheinlich die weltweit beste Behandlung bekommt. Jeder Infarkt-Patient wird, wenn er rechtzeitig beim Rettungsdienst anruft, in ein Kardiozentrum eingeliefert und mit modernsten Methoden behandelt. Dort wird sofort das Blutgerinsel aufgelöst oder eine Dehnung der verschlossenen Blutgefäße durchgeführt."

Darin sieht Professor Pirk einen Vorteil des tschechischen Gesundheitswesens:

"Das kann man sich im Westen kaum leisten, da man die Ärzte nicht bezahlen könnte. Unsere Mediziner arbeiten immer noch für Löhne, die es dem jeweiligen Kardiozentrum ermöglichen, einen derartigen Rettungsdienst rund um die Uhr zu betreiben."

In Tschechien gibt es ein Netz von ungefähr 20 Kardiozentren. Im akuten Notfall kann also jeder Hilfsbedürftige in eine dieser spezialisierten Einrichtungen eingewiesen werden. Vieles hängt natürlich auch von anderen Faktoren ab, wenn es darum geht, einem Patienten das Leben zu retten. Professor Pirk beruft sich in diesem Zusammenhang auf eine Studie des Vorreiters der tschechischen Herzchirurgie, Jan Widimsky:

"Professor Widimsky hat eine Studie erarbeitet, die bis heute weltweit zitiert wird. Darin befasste er sich mit der Behandlung herzkranker Patienten in Mittelböhmen. Es hat sich gezeigt, dass man wesentlich bessere Ergebnisse erzielen konnte, wenn man die am akuten Herzinfarkt erkrankten Patienten aus den Kreiskrankenhäusern schnell in dem Prager Kardiozentrum überstellt hat."

In Tschechien ist man jüngst noch einen Schritt weiter gegangen. Im Rahmen eines staatlichen Projektes, befristet auf den Zeitraum 2005 bis 2009, ist ein virtuelles Zentrum zur Erforschung von Herz- und Kreislauferkrankungen und deren Risikofaktoren entstanden. Es geht dabei um eine Vernetzung von mehreren medizinischen Spitzeneinrichtungen in Prag, die auf diesem Gebiet eng zusammenarbeiten. Die Auswertung des Megaprojektes, bei dem das wissenschaftliche und menschliche Fachpotential gebündelt wird, könnte wegweisende Erkenntnisse bringen, um die gefürchteten Herz- und Kreislauferkrankungen nachhaltig zu verringern.