Affäre Cunek: Topolanek nennt erstmals das Wort "Abberufung"
Die Schlinge um Jiri Cuneks Hals zieht sich immer enger. Am Wochenende haben die Grünen noch einmal ihre Kritik am Verbleib des christdemokratischen Vizepremiers in der Regierung verschärft. Und Premier Mirek Topolanek sagte in einer Talkshow des Tschechischen Fernsehens, dass er zur Abberufung des umstrittenen Kabinettsmitglieds bereit ist.
"Der landesweite Rat fordert eine Einberufung der Koalitionsspitzen. Diese sollen über das weitere Funktionieren der Koalition beraten und über die Abberufung oder den Rücktritt von Jiri Cunek entscheiden."
Grund sind weiterhin die Ermittlungsarbeiten der Polizei, die prüft, ob Cunek nicht vor einigen Jahren Bestechungsgelder angenommen hat. Dazu sagte Bursik:
"Es ist zwar gut möglich, dass am Ende der Ermittlungsarbeiten der Fall zu den Akten gelegt wird. Aber in normalen, zivilisierten, europäischen, demokratischen Ländern ist es unmöglich, dass jemand, gegen den die Polizei ermittelt, stellvertretender Regierungschef ist."Ein Ultimatum zur Abberufung Cuneks stellten die Grünen allerdings nicht, obwohl einige ihrer Parteimitglieder dies gefordert hatten. Umso deutlicher verlangt der kleinste der drei Koalitionspartner einen Maulkorb für Cunek in Sachen Roma-Minderheit. Jiri Cunek hatte sich mehrfach rassistisch klingend oder zumindest missverständlich über Roma geäußert und diese gegen sich aufgebracht. Die Grünen verlangen, dass Cunek nun zu diesem Thema schweigt und ihrer Ministerin Dzamila Stehlikova die volle Kompetenz in der Minderheiten-Politik zukommt.
Auch wenn die Grünen keine konkreten Konsequenzen angedroht haben, wird Premier Mirek Topolanek zusehends ungeduldiger. Im Rahmen einer politischen Fernseh-Talkshow sagte er, dass er Cunek bereits abberufen hätte, wenn die Koalition nicht so zerbrechlich wäre. Er wolle sich aber vor diesem Schritt wiederum auch nicht drücken:
"Den Mut dazu werde ich am Ende sicher haben. Zuerst möchte ich aber die Garantie, dass die Koalition bestehen bleibt", so Topolanek.Diese Garantie ist bisher nicht gegeben. Die Christdemokraten wollen ihren Vorsitzenden Cunek nicht zur Niederlegung seiner Regierungsämter auffordern. Weiterhin stehen 6 der 13 christdemokratischen Abgeordneten hinter ihrem Chef. Sie drohen sogar, dass sie ihre Stimme für die geplante Steuer- und Sozialreform verweigern würden, sollte Cunek abberufen werden. Auch ein Zusammentreffen der Koalitionsspitzen lehnen sie ab, nur der Premier und Cunek selbst seien befugt, eine Lösung zu finden.
Von beiden Seiten besteht also Gefahr für die Koalition: von den Grünen und den Christdemokraten. Premier Topolanek steckt in der Zwickmühle. Er möchte möglichst bald mit Jiri Cunek ein ernstes Gespräch führen, wie er es nannte. Topolanek wird seinem Vize wohl darlegen, wie dieser seine Ämter in Ehren zeitweise niederlegen kann. Denn davon, Cunek einen ehrenvollen Abgang zu verschaffen und eventuell auch eine ehrenvolle Rückkehr, hatte Mirek Topolanek am Wochenende mehrfach gesprochen.