Jubiläum: Vor 100 Jahren wurde Brevnov zur Stadt erhoben

Stift Brevnov

Kaiser Franz Joseph I. und vielleicht auch anderen Persönlichkeiten wird man Ende April im Prager Stadtteil Brevnov begegnen können. Vor 100 Jahren wurde Brevnov eben von Kaiser Franz Josef zur Stadt erhoben. Die Bewohner von Brevnov bereiten anlässlich des runden Jubiläums großartige Feierlichkeiten vor.

Stift Brevnov
Der Prager Stadtteil Brevnov ist vor allem durch das gleichnamige Stift bekannt geworden, das auf eine reichhaltige Geschichte zurückblicken kann. Die Benediktinerabtei Brevnov / Breunau wurde schon 993 vom heiligen Adalbert gegründet. Die Gemeinde, die während der Zeit um das Kloster herum entstanden ist, wurde am 27. April 1907 zur Stadt erhoben. 13 Jahre später ist Brevnov dann Bestandteil von Prag geworden. Heute gehört der Stadtteil zum sechsten Prager Stadtbezirk, dessen Bürgermeister Tomas Chalupa ein großer Brevnover Patriot ist.

"Vier Generationen meiner Familie haben in Brevnov gewohnt, und ich wohne hier auch. Aus der Sicht des sechsten Stadtbezirks wird Brevnov übersehen. Wenn man über Prag 6 spricht, denkt jeder zuerst an Dejvice. Ich habe nichts gegen Dejvice, es ist bestimmt ein schöner Stadtteil, aber auch in Brevnov findet man viele schöne Ecken. Die beiden Stadtviertel streiten fast jedes Jahr darum, welches von ihnen um ein paar Dutzend Einwohner mehr hat. Eine Zahl von etwa 25.000 Einwohnern bedeutet in Tschechien schon ziemlich viel. Die Erhebung der Gemeinde zur Stadt stellte vor 100 Jahren eine Art Wendepunkt in ihrer Geschichte dar."

Mit den bevorstehenden Feierlichkeiten anlässlich des 100. Jubiläums will man Tomas Chalupa zufolge an die Zusammengehörigkeit der Bewohner in Brevnov erinnern. Der Stadtteil ist mit vielen namhaften Persönlichkeiten verbunden: Ein großer Patriot von Brevnov war beispielsweise der tschechische Dichter und Nobelpreisträger Jaroslav Seifert. Familie Seifert wohnt hier bis heute. Mit dem Stadtteil waren auch der Philosoph Jan Patocka oder der legendäre Benediktinerabt Anastaz Opasek verbunden.

Tomas Chalupa  (links)
Die Grenze des Stadtteils wird auf einer Seite durch das Gelände der Prager Burg und das Prämonstratenserkloster Strahov gebildet. Das Wildgehege Hvezda mit dem gleichnamigen Lustschloss erstreckt sich an dem anderen Rand von Brevnov. Im Herzen des Stadtviertels liegt das Benediktinerstift. Die Erhebung zur Stadt war kein lange geplanter Akt, angeblich sei es dazu fast zufälligerweise gekommen. Bürgermeister Chalupa sagt, er sei kein Historiker, aber er habe schon einige Geschichten über dieses Ereignis gehört. Im Grunde genommen sei es, so Chalupa, wie folgt gewesen:

"Der damalige Bürgermeister von Brevnov, Kolator, hatte die Gelegenheit genutzt, als Kaiser Franz Joseph I. während seines Besuchs in Böhmen durch Brevnov gereist war. Der Bürgermeister hatte den Herrscher in Brevnov begrüßt. Laut dem damaligen Gesetz konnte der Kaiser eine Gemeinde zur Stadt entweder schriftlich oder auch mündlich erheben. Da der Herrscher damals die Bewohner als Bürger der Stadt Brevnov begrüßt hatte, wurde diese Erklärung seitdem für die Erhebung zur Stadt gehalten. Jeder von uns alten Brevnovern würde es für eine Beleidigung halten, wenn es jemand bestreiten würde, dass diese Formel gilt."

Tomas Chalupa wollte nicht verraten, ob er sich bei den bevorstehenden Feierlichkeiten an den Kaiser eventuell wieder mit einer Bitte wenden wird. In die Herrscherrolle wird dann Bretislav Halasek schlüpfen, dessen Familie seit Jahren in Brevnov lebt. Anlässlich des Jubiläums wird eine Ausstellung alter Fotografien und Dokumente vorbereitet.

Prior Prokop Siostrzonek
"Wir fordern die Bürger immer wieder zur Zusammenarbeit auf. Wir wären sehr froh, wenn sie uns alte Fotos, Ansichtskarten oder andere Dokumente, die sie zu Hause haben, für die Chronik leihen würden. Wir bemühen uns außerdem Erinnerungen der Zeitzeugen zu sammeln. Es ist uns inzwischen gelungen, die Geschichte alter Brevnover Familien zu dokumentieren, die hier Jahrhunderte lang leben. Zu ihnen gehört beispielsweise Familie Klaus, die aber mit dem jetzigen Staatspräsidenten angeblich nicht verwandt ist. Einer der bedeutendsten Gewerbetreibenden war in diesem Stadtteil ein Keramikhersteller namens Vaclav Klaus."

Die Feierlichkeiten werden in Brevnov nächste Woche gestartet. Den Höhepunkt werden sie am 28. und 29. April erreichen. Neben der Ankunft des Kaisers, der die kaiserlichen Märkte eröffnet, wird unweit des Klosters beispielsweise auch ein k. u. k. Postamt eingerichtet, wo historische Zeitungen, Ansichtskarten und Stempel verkauft werden. Zweimal täglich wird eine Rundfahrt mit dem Dampfbus in Brevnov organisiert. Für die Besucher der Feierlichkeiten wird eine historische Straßenbahn zur Verfügung stehen, die von der Metro-Station Malostranska bis zum Stift Brevnov fahren wird. Altböhmische Delikatessen werden während des Festes serviert und auch für die musikalische Begleitung wird reichlich gesorgt.

Für den Prior des Stifts Brevnov, Prokop Siostrzonek, bedeutet dann die Weihe der renovierten Orgel den Höhepunkt der Jubiläumsfeierlichkeiten. Denn als die Benediktiner das Klosterareal 1990 vom Staat übernommen hatten, fanden sie in der Kirche nur noch ein leeres Orgelgehäuse, sagt der Prior.

"Die Renovierungsarbeiten an der Orgel werden erfolgreich fortgesetzt. Vor drei Jahren wurde eine Spendensammlung für die Orgel gestartet. Finanziell beteiligt sich an dem Orgelbau auch der Stadtbezirk Prag 6. Wir erhielten Spenden außerdem auch von den Benediktinern aus dem Ausland. Zurzeit wird die Renovierung des Gehäuses beendet, das wahrscheinlich von Kilian Ignaz Dientzenhofer stammt. Im April und im Mai wird ein neuer Boden auf dem Chor gelegt. Eine neue Orgel wird in der Werkstatt Brachtl-Kansky gebaut."

Die Orgel wird im Sommer installiert und am 30. September wird sie zum ersten Mal feierlich erklingen.

Foto: Theresa Kuglin