Verfassungsgericht erlaubt die Bekämpfung von Prostitution in Gemeinden

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Besonders die tschechischen Kommunen entlang der Grenze zu Deutschland und Österreich suchen schon seit geraumer Zeit nach einer Handhabe gegen die Straßenprostitution. Das Problem: Bisher gibt es keine Regelung auf Landesebene, die sie anwenden können. Deswegen drängen sie darauf, das leichte Gewerbe auch mit einfachen Gemeindeverordnungen einschränken zu können. Das Verfassungsgericht in Brno / Brünn hat nun zu Ihren Gunsten ein Grundsatzurteil gefällt.

In dem Urteil des Verfassungsgerichts geht es um eine Verordnung aus Usti nad Labem / Aussig an der Elbe. Das Rathaus der nordböhmischen Stadt hatte den Lärm durch Straßenveranstaltungen, das Betteln sowie eben die Straßenprostitution einschränken wollen. Allerdings stieß die entsprechende Verordnung bei den Beamten im Innenministerium auf wenig Gegenliebe. Sie bemängelten, dass Usti über den Rahmen dessen hinausgeschossen sei, was eine Gemeinde verordnen darf. Der Fall kam vor das Verfassungsgericht, und das hat fast die gesamte Gemeindeverordnung aus Usti einkassiert. Nur nicht bei der Straßenprostitution. Diese dürfen die Kommunen ab nun selbst regulieren. Verfassungsrichterin Ivana Janu erläutert:

"Es geht darum, die öffentliche Sicherheit vor Ort sicher zu stellen. Im Spiel sind Sitte und Moral. Es könnte das moralische Heranwachsen von Kindern und Jugendlichen bedroht sein. Dazu hat das Verfassungsgericht auch die Auslegung des Internationalen Abkommens gegen Menschenhandel genutzt."

In der Begründung des Urteils heißt es, das offizielle kommerzielle Anbieten sexueller Dienste könnte bei Heranwachsenden den Eindruck erwecken, dass solche Handlungen den Normalfall darstellen.

Laut Schätzungen verdienen in Tschechien rund 25.000 Frauen und Männer ihr Geld mit Prostitution. Jährlich werden dabei Milliardenbeträge umgesetzt. Zahlen existieren zum Beispiel für 2003, als Freier fast 9 Milliarden Kronen (rund 300 Millionen Euro) für die käufliche Liebe ausgaben. Fast zwei Drittel davon entfielen im Übrigen auf ausländische Sextouristen. Deswegen sind in besonderem Maß Gemeinden entlang der Grenze betroffen. Der so genannte längste Straßenstrich Europas entlang der Europastraße 55 dominiert zum Beispiel das Stadtbild von Dubi in Nordböhmen. Hier wie etwa auch im westböhmischen Cheb / Eger oder dem südmährischen Znojmo / Znaim wurden bereits mehrere Versuche unternommen, die Straßenprostitution einzuschränken. Die blieben aber erfolglos. Deswegen sagt der Oberbürgermeister von Usti, Jan Kubata:

"Es ist ein gutes Signal, dass diese Dienste nicht mehr unbedingt der Öffentlichkeit zur Schau gestellt werden, sondern nun in geschlossenen Räumen reguliert werden können."

Die Bürgermeister der betroffenen Kommunen rufen aber nach mehr: einer allgemeinen Regelung der Prostitution.

"Wir brauchen ein Gesetz, wir müssen die Prostitution irgendwie bezeichnen, zum Beispiel als Straftat. Oder wir legen Bußgelder fest und geben so die Möglichkeit einzuschreiten", sagt der Bürgermeister von Cheb, Jan Svoboda.

Vor zwei Jahren gab es bereits einen solchen Versuch. Damals sollte allerdings die Prostitution nicht verboten, sondern als Gewerbe anerkannt werden. Schließlich dachte man vor allem an die Steuereinnahmen aus den Milliarden, die jährlich illegal umgesetzt werden. Eine Mehrheit unter den Abgeordneten für den Vorschlag fand sich jedoch nicht.