Die 100 Tage des Herrn Topolanek

Mirek Topolánek, foto: ČTK
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Hundert Tage sind eigentlich die Zeit, die man einem neuen Amtsinhaber gewährt, bevor man ihn das erste Mal bewertet. Diese Frist ist für den amtierenden Premier Mirek Topolanek nun abgelaufen. Das Besondere dabei ist allerdings, dass Topolanek ohne das Vertrauen des tschechischen Abgeordnetenhauses die Geschäfte im Land führt. Was dies für den tschechischen Premier und sein Kabinett bedeutet, darüber sprach Till Janzer mit dem Politologen Bohumil Dolezal.

Mirek Topolanek  (Foto: CTK)
Herr Dolezal, am gestrigen Donnerstag sind 100 Tage vergangen, seitdem Mirek Topolanek tschechischer Premier wurde. Ist das heute noch derselbe Topolanek wie Mitte August, als er das Amt übernahm?

"Das ist eine relativ schwierige Frage. Ich würde sagen, dass es schon zu Beginn der Regierungszeit klar war, dass die Regierung nicht das Vertrauen des tschechischen Abgeordnetenhauses bekommt. Das ist dann auch so geschehen. Nun wird die Regierung nur noch bis zu dem Zeitpunkt an der Macht sein, da Topolanek sein Amt als neuer Premier antritt. Seine Aussichten sind aber derzeit überhaupt nicht gut."

Kann man sagen, dass diese Situation bei Topolanek Spuren hinterlassen hat?

"Ich befürchte, dass diese Spuren nicht besonders tief sind. Denn am Anfang versuchte er, einen Kompromiss mit dem Sozialdemokraten Jiri Paroubek zu finden. Das Ergebnis war, dass Paroubek mit Miroslav Kalousek, dem Vorsitzenden der Christdemokraten, über die Bildung einer Regierung zu verhandeln begann. Doch das alles scheiterte dann. Dennoch ist Topolanek bereit mit demselben Paroubek weiter zu verhandeln. Er hat sich da nicht von der Vergangenheit belehren lassen."

Wie bewerten Sie also diese 100 Tage des Topolanek?

Mirek Topolanek  (Foto: CTK)
"Ich glaube, die Regierung hat nur das gemacht, was sie machen musste und was ihr das beschränkte Mandat möglich gemacht hat. Sie musste personelle Änderungen vornehmen, das ist begreiflich. Denn die Sozialdemokraten haben vergleichsweise lange regiert. Und die neuen Minister müssen schon aus verwaltungstechnischen Gründen, damit sie sich überhaupt Autorität verschaffen, Änderungen vornehmen. Schließlich ist der Verwaltungsapparat in Tschechien ziemlich politisiert. Außerdem hatten sich gewisse Minister - wie zum Beispiel Gesundheitsminister David Rath - in ihren Ressorts fast schon verbarrikadiert, so dass es für die Nachfolger schwer war, überhaupt ihre Ämter zu übernehmen. Zwar wurde sehr kritisiert, dass die Regierung Topolanek personelle Änderungen vorgenommen hat. Ich bin aber der Meinung, dass die Kritik nicht ganz gerechtfertigt ist. Ansonsten hat das aktuelle Kabinett noch den Haushalt für 2007 vorbereitet. Mehr aber auch nicht.

Zur gleichen Zeit bedarf es aber wichtiger Reformen in Tschechien, beispielsweise des Rentensystems, des Steuersystems oder des Gesundheitswesens. Wie sehen Sie das: Sollten die Minister grundlegende Gesetzesänderungen vornehmen oder lieber die Finger davon lassen?

"Die Minister können maximal davon träumen oder gewisse Änderungen vorbereiten, die dann das neue Kabinett annehmen kann oder nicht. Grundlegende Reformschritte kann sich die aktuelle Regierung aber nicht leisten - und sie hat sich diese auch nicht geleistet."