Erste Gespräche über Minderheitsregierung sind geplatzt
Am Montagvormittag trafen im Prager Hrzan-Palais die Chefs der beiden größten Parlamentsparteien zu Verhandlungen über die nächste tschechische Regierung zusammen. Mirek Topolanek von der Demokratischen Bürgerpartei (ODS) und Jiri Paroubek von den Sozialdemokraten (CSSD) sind derzeit nicht nur Vorsitzende ihrer jeweiligen Parteien, sondern haben kurioserweise auch das Amt des Premierministers gemeinsam. Paroubek als scheidender, Topolanek als designierter Regierungschef. In das politische Patt ist bei den Gesprächen aber keine Bewegung gekommen. Gerald Schubert hat die jüngsten Entwicklungen verfolgt.
"Verhandelt wurde im Wesentlichen über die eventuelle Tolerierung einer bürgerlichen Minderheitsregierung durch die Sozialdemokraten. Zuvor war ja ein Mitte-Rechts-Projekt aus Bürgerdemokraten, Christdemokraten und Grünen gescheitert. Eine Koalition aus diesen drei Parteien hätte im Abgeordnetenhaus nicht die nötigen 101 Mandate gehabt. Und daher sah es zuletzt so aus, als ob eine solche Minderheitsregierung ein Weg aus dem Patt sein könnte."
Warum sind die Gespräche so rasch gescheitert?
"Beide Seiten werfen einander Gesprächsverweigerung vor. Der sozialdemokratische Parteichef Jiri Paroubek hat der Gegenseite vorgeworfen, sie nehme die Verhandlungen nicht ernst, behandle die Sozialdemokraten von oben herab und wolle sämtliche Bedingungen diktieren. Die Bürgerdemokraten sagen aber über die Sozialdemokraten dasselbe: Diese seien bereits mit der Absicht gekommen, die Verhandlungen platzen zu lassen, meinen sie.
Inhaltlich gibt es ja tatsächlich jede Menge Diskrepanzen. Das beginnt bei Budgetfragen, geht weiter über die Besetzung von Ministerposten bis hin zu so grundsätzlichen Fragen wie die, wie lange die nächste Legislaturperiode eigentlich dauern soll. Denn die Sozialdemokraten würden eine eventuelle bürgerliche Minderheitsregierung gerne auf zwei Jahre beschränken, sofern sie sie überhaupt stützen."Wie kann es jetzt weitergehen? Welche Szenarios sind jetzt überhaupt noch denkbar?
"Möglicherweise gibt es doch noch eine Einigung, und die Sozialdemokraten tolerieren eine ODS-Minderheitsregierung. Manche verdächtigen den sozialdemokratischen Parteichef Paroubek auch, er habe die Verhandlungen absichtlich platzen lassen, weil er in einer weiteren Runde vielleicht selbst mit der Bildung einer Regierung beauftragt werden würde. Allerdings hätte er dann genauso wie Topolanek nicht die erforderliche Stimmenanzahl im Parlament, denn dort gibt es ja bekanntlich dieses Patt 100:100. Die dritte Variante sind natürlich Neuwahlen. Mittlerweile ist auch das nicht mehr ausgeschlossen."