Koalition ohne Regierungsmehrheit
Eine Koalition ohne Regierungsmehrheit - so lässt sich drei Wochen nach den Parlamentswahlen der politische Status quo in Tschechien charakterisieren. Denn nach der Unterzeichnung eines Koalitionsvertrags zwischen der konservativen ODS, den Christdemokraten und den Grünen scheint die Aussicht auf eine Regierungsmehrheit in weitere Ferne gerückt zu sein als zuvor. Silja Schultheis berichtet.
"Wir sind fest davon überzeugt, dass diese Koalition eine Chance bekommen und ihr Programm realisieren sollte. Und dafür werden wir das Meistmögliche tun, denn wir meinen, das ist eine gute Investition in die politische Kultur der Tschechischen Republik."
Mit einer Unterstützung im Abgeordnetenhaus kann die Dreierkoalition aber heute weniger rechnen als zuvor: Der scheidende Premierminister Jiri Paroubek lehnte am Montag eine Tolerierung klar ab. Für ihn ist der Koalitionsvertrag der drei Parteien ein Affront gegen sozialdemokratische Inhalte:
"Insgesamt lässt sich aus dem Koalitionsvertrag nur eine einzige relevante Botschaft herauslesen. Und zwar die Mitteilung an die Sozialdemokraten: Mit euch werden wir uns auf nichts einigen und wir suchen auch gar keine programmatischen Überschneidungen."
Im Einzelnen vermissen die Sozialdemokraten im Koalitionsvertrag unter anderem ein klares Bekenntnis zur Euro-Einführung und außenpolitisch eine Abgrenzung gegenüber Russland und China. Absolut inakzeptabel sind für sie die Einführung eines Einheitssteuersatzes ("flat tax") und die Art und Weise, auf die die Koalition das Gesundheitswesen reformieren will. Grünen-Chef Martin Bursik hofft nun, dass die Inhalte, die seine Partei in den Koalitionsvertrag eingebracht hat, die Sozialdemokraten letztlich doch noch für die Dreierkoalition einnehmen können:"Wir meinen, dass unser Anteil am Koalitionsvertrag eine gewisse Brücke sein könnte für die Sozialdemokraten, um eine Unterstützung oder wenigstens Tolerierung unseres Programms ernsthaft in Erwägung zu ziehen."
Ein entscheidender Anteil der Grünen am Koalitionsvertrag ist die Festlegung, dass das grenznahe Atomkraftwerk Temelín nicht um weitere Reaktoren erweitert werden darf.