Metropolitni Expres - die dritte Gratiszeitung auf dem Prager Zeitungsmarkt

Seit vergangenem Montag ist die Prager Zeitungslandschaft wieder um einen Titel reicher. Mit der Tageszeitung Metropolitni Expres ist in der tschechischen Metropole bereits die dritte Gratiszeitung auf den Markt gekommen. Sie wird vom Verlagshaus Mafra - einem Tochterunternehmen der deutschen Rheinisch-Bergischen Druckerei- und Verlagsgesellschaft aus Düsseldorf - herausgegeben.

Der Vorreiter in diesem Marktsegment war die Zeitung Metro, die im Jahr 1997 von einem schwedischen Verlag gestartet wurde und seither jeden Morgen für viele Prager die häufigste Lektüre auf dem zur Arbeit ist. Der Erfolg dieser Zeitung, die heute weltweit in 96 Städten erscheint, war überraschend groß. Weil das Blatt vor allem in der Anfangsphase immer schnell vergriffen war, musste der Metro-Verlag den Vertrieb sogar regulieren, um sicherzustellen, dass die Zeitung auch noch um zehn Uhr morgens an den Ständern zu haben war.

Dennoch blieb aber die Konkurrenz auf den Erfolg der Metro lange eine Antwort schuldig. Erst acht Jahre später, genauer gesagt im Herbst vergangenen Jahres, betrat mit dem Schweizer Ringier-Konzern, der mit dem Boulevard-Blatt "Blesk" die meist gelesene tschechische Zeitung herausgibt, ein weiteres Verlagshaus den Markt der Gratiszeitungen. Das Produkt von Ringier mit dem viel sagenden Titel "24 Stunden" stellten wir bereits in einer der vergangenen Folgen unserer Mediensendung vor.

Prag hat heute ungefähr 1,5 Millionen Einwohner. Selbst wenn man annehmen würde, dass die Zahl der potentiellen Leser der drei Gratiszeitungen rund eine Million beträgt, potentielle Leser gibt, scheint doch die Frage legitim zu sein, ob drei solche Zeitungen doch nicht zu viel sind, bzw. ob Metro, 24 Stunden, und die jetzt dazu gekommene neue Zeitung Metropolitni Expres, sich auf dem Markt behaupten und somit überleben können? Schließlich darf man nicht vergessen, dass auch die klassischen Zeitungen, für die man bezahlen muss, durchaus eine Konkurrenz darstellen.

Über das neue Zeitungsprojekt unterhielten wir uns im Folgenden mit Stanislav Holec, der beim Mutterverlag des Metropolitni Expres - Mafra für neue Medienprojekte zuständig ist. Unsere erste Frage an ihn betraf die Sättigung des Marktes im Bereich der Gratiszeitungen. Dazu sagt Stanislav Holec:

"Wir haben errechnet, dass man bei 600 000 Stück schon eine gewisse Reichweite haben kann. Prag ist in diesem Zusammenhang kein Einzelfall, denn auch in anderen Städten - nicht nur in Europa - gibt es ebenfalls drei solche Titel auf dem Markt. Ob alle Bewerber letztlich auch überleben werden, ist natürlich eine Frage, aber das ist ja auch das Prinzip der Konkurrenz, dass nämlich nur die besten sich behaupten können. Es ist einerseits ein Kampf um die Leser, andererseits natürlich auch um die Inserenten, damit diese im dem Medium ihre Werbung schalten. Natürlich, Gratiszeitungen funktionieren auf einem anderen Prinzip, als herkömmliche Zeitungen, denn es geht nicht um den Verkauf der größtmöglichen Stückzahl. Die Zeitungen finden nämlich schon ihren Weg zum Leser. Ein anderer Aspekt ist jedoch wichtiger und zwar der kommerzielle Erfolg von solchen Titeln. Hier gelten aber die gleichen Regeln des Marktes, wie auch in anderen Bereichen."

Zum Vergleich. Die Metro erscheint täglich in knapp 400 000 Exemplaren und wird zudem seit einigen Monaten nicht nur in Prag, sondern in fast allen großen Städten des Landes verteilt. Die Auflage des Ringier-Blattes "24 Stunden" beträgt 220 000; der Verlag Mafra ließ in der ersten Erscheinungswoche rund 150 000 Exemplare des Metropolitni Expres drucken.

Auf den ersten Blick versucht also die neue Metropolitni Expres die anderen Bewerber nicht mit der größten Auflage zu überbieten. Gibt es aber noch andere Unterschiede, welche die Leser dazu animieren sollen ausgerechnet nach der neuen Stadtzeitung zu greifen? Stützt sich etwas das Projekt des Mafra-Verlags auf detaillierte Marktanalysen? Dazu sagt Stanislav Holec:

"Wir als Verlagshaus, welches sich auf gedruckte Medien konzentriert, und zwar auf seriöse Titel, verfügen über sehr detaillierte Marktanalysen. Weil wir einen deutschen Eigentümer haben, können wir deshalb auch auf das dortige Know-how, wie auch auf Informationen über die Marktlage in Europa zurückgreifen. Unsere Analysen ergaben, dass es schon die Möglichkeit gibt sich von der Konkurrenz zu unterscheiden. Wir legen zum Beispiel großen Wert auf aktuelle Berichterstattung, wollen in der Zeitung kurze Nachrichten bringen, die die Leser der jüngeren und mittleren Generation ansprechen sollen. Wir glauben auch, dass die Leser Interesse haben an der Verknüpfung mit anderen interaktiven Angeboten, das heißt mit dem Internet, mit dem Fernsehen usw. Das alles können wir in unserer Zeitung anbieten. Die ersten Reaktionen von Lesern auf die Zeitung, wie auch das Echo diverser Experten, waren ausgesprochen positiv."

Viele Kritiker, und zwar nicht nur in Tschechien, werfen den Redaktionen der kostenlosen Zeitungen vor, sie hätten kein Interesse ein Medium auf den Markt zu bringen, welches zumindest gewissen qualitativen Mindesstandards entsprechen würde. Einer der Gründe dafür sei, das die Redaktionsteams aus Kostengründen stark unterbesetzt sind und oft nur aus rund zehn Redakteuren bestehen würden.

Wie viele Mitarbeiter sind an der täglichen Herstellung der neuen Stadtzeitung Metropolitni Expres beteiligt? Hat man auf bereits bestehende Kapazitäten zurückgreifen können, denn schließlich gibt der Mafra-Verlag mit den Tageszeitungen Mlada fronta Dnes und Lidove noviny ja zwei seriöse Printmedien heraus, oder wurden ganz neue Kräfte aufgenommen? Stanislav Holec dazu:

"Es sind etwa zwanzig Kollegen, davon 15 Journalisten und die meisten davon sind schon länger bei unserem Verlagshaus tätig. Die anderen haben Erfahrungen bei anderen Medien gesammelt. Ich würde sagen, dass die Mehrzahl der Redakteure von außen kommt und ein gewisser Teil aus unserem Verlagshaus."

Bleibt noch eine ganz grundsätzliche Frage zu beantworten und zwar die, ob man in den Gratiszeitungen einen neuen Trend sehen kann und ob die Verlagshäuser auf diese Weise versuchen den Rückgang der Leserzahlen bei den klassischen Zeitungen aufzufangen? Das war unsere abschließende Frage an Stanislav Holec vom Mutterverlag der neuen Prager Gratiszeitung Metropolitni Expres:

"Ich denke, dass der Trend zwar neu ist, aber neu ist er vor allem in Bezug auf das Verhalten der Medienkonsumenten als Ganzes. Mit der dynamischen Entwicklung von neuen Technologien sind die Menschen nicht mehr bereit Bücher oder klassische Zeitungen zu lesen. Sie sind oft den größten Teil des Tages online. Sie sind es gewohnt eine Reihe von Informationen, wie auch Dienstleistungen gratis zu erhalten. Die Medienhäuser haben das entdeckt und versuchen nun mit diesem neuen Produkt einer Gratis-Zeitung auch Informationen Gratis zu verbreiten. Da dieses Modell in einigen Ländern erfolgreich war, mussten auch die klassischen Zeitungsverlage reagieren. Es ist also nicht so, dass den Verlegern die Auflage sinken würde und sie daher auf Gratis-Zeitungen umsatteln, sondern es ist durch die Konkurrenzlage am Markt bedingt, auf die auch die klassischen Medienhäuser reagieren müssen."