Deutscher "Mülltourismus" nach Tschechien wird zum großen Geschäft

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Die illegale Verschiebung von kommunalem Müll von Deutschland nach Tschechien entwickelt sich mehr und mehr zu einer internationalen Affäre. Denn mittlerweile sind bereits neun nicht genehmigte Abfalllager in Böhmen entdeckt worden. Nach Untersuchungen der Tschechischen Umweltinspektion (CIZP) sind allein in den vergangenen Monaten rund 15 000 Tonnen Müll aus Deutschland illegal dort abgeladen worden. Wie der unerwünschte Abfall nach Böhmen gelangen konnte und was nun mit ihm geschehen soll, dazu mehr von Lothar Martin.

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15.000 Tonnen Müll, das entspricht nicht weniger als 625 Lastwagenladungen, hat ein Sprecher der Umweltbehörde am Dienstag mitgeteilt. Also 625 Laster voller Dreck und Müll haben seit der Jahreswende die deutsch-tschechische Grenze passiert, um die stinkende Fracht hier loszuwerden. Aber warum auf einmal diese erhöhte Aktivität bei der Abfallbeseitigung? Nun, Mitte vergangenen Jahres ist in Deutschland ein Gesetz in Kraft getreten, das Müllverwerter dazu verpflichtet, den Abfall mehr zu trennen. Und das kostet. Da lohnt es sich doch schon, eine kooperationswillige Speditionsfirma anzuheuern, die den unrentablen Müll auf der Basis falscher Frachtpapiere in das scheinbar ahnungslose EU-Ausland abtransportiert. Denn bis auf bestechliche tschechische Vermittler, die verfallene Bauernhöfe oder Lagerhallen als illegale Mülldeponie anmieten, hatte kaum ein Tscheche mitbekommen, was für ein unappetitliches Paket ihm da gesendet wurde. Als jedoch bekannt wurde, was da im Anmarsch ist, ist man insbesondere im böhmischen Grenzgebiet zu Deutschland weitaus aufmerksamer geworden. Und dass die jüngsten Funde, zwei illegale Abfalllager im Landkreis Liberec / Reichenberg, durchaus aus Deutschland stammen, das begründete die Vertreterin der CIZP-Behörde in Liberec, Danuse Hraska:

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"Wenn wir auf die Abfälle schauen, die wir in zwei Objekten in Arnoltice und in Sosnova gefunden haben, dann können wir feststellen: Sie haben den gleichen Inhalt, zum Beispiel Plastikflaschen und Tetrapacks mit deutscher Aufschrift. Daher meinen wir, sie haben denselben Ursprung."

Als ein Verursacher dieser eben geschilderten Praxis wurde inzwischen die DUX Verwertungsgesellschaft aus Halle (Saale) ausfindig gemacht, die mit Hilfe der Speditionsfirma BAU 24 und des tschechischen Landwirts Michal Pospisil schon 145 Lastwagenladungen mit Müll nach Tschechien verschoben haben soll. Darunter auch auf zwei illegale Deponien in Libceves bei Louny / Laun, die inzwischen Brandstiftern zum Opfer gefallen sind. Es wird vermutet, dass die Brände gelegt wurden, um Spuren zu verwischen und die Abfälle, die erwiesenermaßen aus Deutschland kommen, nicht wieder zurücktransportieren zu müssen. Denn das strebt die tschechische Seite an, sagt Hraska:

"Wir wollen natürlich erreichen, dass die größte Menge des Mülls nach Deutschland zurückgefahren wird. Das wird auch ein Gegenstand er Verhandlungen sein, die unser Umweltminister im März mit den zuständigen Behörden in Deutschland führen wird. Sollte es dabei zu keinem günstigen Ergebnis für uns kommen, dann werden wir wohl die Vermieter der illegal genutzten Objekte auf Seiten der tschechischen Empfänger dafür in die Pflicht nehmen."

Wie inzwischen bekannt wurde, wolle Tschechiens Umweltminister Libor Ambrozek nun in einem Brief seinen deutschen Amtskollegen Sigmar Gabriel um eine engere Zusammenarbeit im Kampf gegen den "Müll-Tourismus" bitten. Mit den Behörden in Sachsen seien solche Konsultationen bereits vereinbart. Zudem wolle Ambrozek im März eine internationale Initiative anstoßen, da der "Müll-Tourismus" nicht nur eine deutsch-tschechische Problematik darstelle hieß es.