Tschechische Politiker versuchen nach wie vor bei kritischen Medien zu intervenieren
Das Verhältnis zwischen Politikern und Journalisten in Zeiten des Wahlkampfs, die neuesten Entwicklungen bei den tschechischen Zeitungen und eine neue Rundfunkstation für jugendliche Hörer - das sind die Themen der folgenden Ausgabe unserer Sendereihe Im Spiegel der Medien.
Vor nicht allzu langen Zeit hat mit dem früheren Premierminister Milos Zeman ein hochrangiger Politiker des Landes die Journalisten als Hyänen bezeichnet und versucht einige Redaktionen wegen ihrer kritischen Berichterstattung einzuschüchtern. Auch der gegenwärtige Premier Jiri Paroubek hat bereits mehrmals angedeutet, dass er sich eine Verschärfung des geltenden Pressegesetztes wünschen würde - mit dem Ziel, die Politiker vor den Medien zu schützen.
Wie ist es also heute um das schwierige Verhältnis zwischen Politikern und Medien bestellt? Ist man von den persönlichen Beleidigungen, wie sie zu Zeiten Milos Zemans üblich waren, eher zu einem sanfteren Druck, verbunden mit versuchten Interventionen von führenden Politikern, übergegangen? Darüber unterhielten wir uns im Folgenden mit dem Publizisten Ondrej Neff:
"Wenn ich mich erstens richtig erinnere, hat nur ein Politiker so über Journalisten gesprochen. Ich würde das also nicht so pauschal beurteilen. Aber jeder Politiker wünscht sich, dass ihn die Medien positiv darstellen und sie sind dementsprechend sehr unzufrieden, wenn die Medien das nicht tun. Es lässt sich also sagen, dass das Grundverhältnis immer gespannt ist. Eine andere Sache ist aber, dass es sich dabei stets um eine Flucht in Ketten handelt, nämlich dass Politiker und Medienvertreter aufeinander angewiesen sind. Es gibt in Tschechien große öffentlich-rechtliche Medien, vor allem Rundfunk und Fernsehen, die über eine große Reichweite verfügen, wo natürlich diese Tendenzen ganz besonders zu spüren sind. So haben zahlreiche Journalisten den Umstand kritisiert, dass das Tschechische Fernsehen zum Jahresende die kritische Sendung Bez obalu (was auf Deutsch in etwa als Unverhüllt übersetzt werden kann) vom Programm genommen hat - angeblich aus Kostengründen. Ich persönlich kenne keinen Kollegen, der diese offizielle Version glauben würde. Das war ein klassischer zensurartiger Eingriff auf Betreiben des Premierministers und es ist eine Schande, dass das öffentlich-rechtliche Fernsehen sich zu so etwas hergegeben hat."
Sind zum Beispiel die tschechischen Journalisten heute stärker gegen die versuchte Einflussnahme von Seiten der Politiker immun, als zum Beispiel in den frühen 90er Jahren, als kritischer Journalismus in Tschechien erst im Entstehen war?"Ich glaube, dass man da unterscheiden muss, und zwar zwischen dem Verhalten eines einzelnen Journalisten, dass heißt, wie er mit den Politikern kommuniziert und der Haltung des betreffenden Mediums. Jede Zeitung, Rundfunk- oder Fernsehstation existiert innerhalb einer bestimmten politischen und gesellschaftlichen Konstellation und muss demnach gewisse Spielregeln einhalten. Nicht dass diese Regeln jemand vorschreiben würde - nein, es handelt sich vielmehr um ungeschriebene Gesetze. Was ich damit meine ist, dass ganz automatisch gilt, dass die Parlamentsparteien einen wesentlich leichteren Zugang in die Medien haben als außerparlamentarische Gruppierungen. Damit verschließt sich das politische System gegenüber Veränderungen und riskiert zudem, dass es verkrustet. Wenn also ein einzelner Journalist beschließen würde, dass er das ändern will, würde er nicht etwa mit den Politikern in Konflikt geraten, sondern mit seinem eigenen Medium. Das ist also ein weiterer Aspekt, der das Verhältnis zwischen Politikern und Medien charakterisiert."
Weiter geht es jetzt mit einigen Kurzmeldungen aus dem Medienbereich.
Es ist nicht allzu lange her, dass hier an dieser Stelle eine neue Prager Gratiszeitung mit dem viel sagenden Titel "24 Stunden" vorgestellt wurde. Das Blatt erscheint seit November und soll dem äußerst erfolgreichen Projekt der kostenlosen U-Bahn-Zeitung "Metro" konkurrieren, die seit acht Jahren auf dem Markt ist und in der Prager Untergrundbahn angeboten wird. Herausgegeben wird "24 Stunden" vom Schweizer Ringier-Konzern, dessen mediales Flaggschiff in Tschechien, die Boulevard-Zeitung "Blesk" (auf deutsch "Blitz"), seit gut fünf Jahren die mit großem Abstand am meisten gelesene tschechische Tageszeitung ist. Nun will auch die Verlagsgruppe Mafra, ein Tochterunternehmen der Düsseldorfer Rheinisch-Westfälischen Druckerei- und Verlagsgesellschaft, die mit der Mlada fronta Dnes und der Lidove noviny ebenfalls mit zwei überregionalen Zeitungen auf dem Markt vertreten ist, in den Bereich der kostenlosen Zeitungen einsteigen. Der Start der dritten Prager Gratis-Zeitung, so wird kolportiert, ist für das kommende Frühjahr geplant. Das Redaktionsteam soll bereits stehen, nach einem geeigneten Titel wird hingegen noch gesucht.
Vergangene Woche wurde bekannt, dass es bei der Mlada fronta Dnes, der mit knapp 300 000 täglich verkauften Exemplaren auflagenstärksten unter den seriösen tschechischen Tageszeitungen zu einem Wechsel in der Chefetage kommt. Der bisherige Chefredakteur Pavel Safr wird sich nach mehr als fünf Jahren an der Spitze neuen Aufgaben im Rahmen des Verlags widmen. Zu seinem Nachfolger wurde der bisherige erster Stellvertreter Robert Casensky bestellt. Da der neue Chefredakteur erst Anfang dreißig ist, bleibt abzuwarten, ob sich dieser Umstand auch im Zeitungsinhalt niederschlagen wird.Seit kurzem ist in Tschechien eine neue Radiostation auf Sendung. Die Rede ist von Radio Wave, einem neuen Projekt des öffentlich-rechtlichen Tschechischen Rundfunks. Der Sender will sich vor allem als ein alternativ ausgerichtetes Jugendradio profilieren und somit im Rahmen des bisherigen Programmangebots des Tschechischen Rundfunks eine bestehende Lücke schließen. Bis auf weiteres kann der neue Kanal auf einer UKW-Frequenz in Prag und Mittelböhmen sowie im Internet empfangen werden. Mittelfristig will der Tschechische Rundfunk die Ausstrahlung dieses Programms auch auf die übrigen Landesteile ausweiten.