Obdachloses Theater

Foto: CTK
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Bereits zum zweiten Mal fand am vergangenen Wochenende in Prag das internationale Festival der Obdachlosentheater statt. Es traten auf: Die tschechische Theatergruppe der Obdachlosen "Jezek a Cizek", die slowakische Gruppe "Nota bene", ihre deutschen Kollegen "Obdach-fertig-los" aus Hamburg sowie "Ratten 07" aus Berlin. Es stand unter anderem das Stück "Die Weber" von Gerhart Hauptmann auf dem Programm:

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Die Schauspieler sind meistens Leute ohne Dach über dem Kopf, die sich in einer schwierigen sozialen Situation befinden. Eine Theatergruppe, die aus Obdachlosen besteht, ist etwas Besonderes und braucht deshalb einen anderen Zugang, erklärt Jakub Balaban, der Leiter der Theatergruppe "Jezek a Cizek", die seit fünf Jahren in Prag existiert:

"Am Anfang war die Fluktuation sehr hoch, mittlerweile hat sich eine Theatergruppe von zirka fünf bis zehn Leuten gebildet. Diese Leute kommen regelmäßig, meistens bis sie eine Arbeit gefunden haben oder zum Beispiel Kontakt mit der Familie in einer anderen Stadt aufgenommen haben. In ihrem nichtorganisierten Leben stellt das Theater vielleicht einen festen Punkt dar, von dem aus die Woche gezählt wird."

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Das Theater bietet den Obdachlosen, oder wie man auch sagt Wohnungslosen, eine Möglichkeit zur Selbstverwirklichung, einen festen Rhythmus oder einen Freundeskreis. Die deutsche Seite brachte eine gute Nachricht: Viele Schauspieler fanden durch ihr Engagement im Theater wieder zurück ins geregelte Leben. Der Dramaturg des tschechischen Theaters "Jezek a Cizek", Petr Sourek, sagt:

"Die Situation der Obdachlosen in Tschechien und in Deutschland ist sehr unterschiedlich. Wenn wir uns mit den Deutschen aus den Theater-Gruppen treffen, dann sehen wir, wie die Situation der Obdachlosen hier in Zukunft vielleicht aussehen kann. Für die Deutschen könnte es ebenfalls lehrreich sein, denn sie können sehen, dass die Armut auch ein Grund für Obdachlosigkeit sein kann."

Denn das soziale Netz in Deutschland funktioniere wesentlich besser als das in Tschechien, fügt Petr Sourek hinzu. Eine kleine Sozialwohnung zu bekommen, ist in Tschechien im Gegensatz zu Deutschland fast unmöglich. Der Berliner Regisseur Gunter Seidler arbeitet mit dem Obdachlosentheater "Ratten 07" zusammen und hält die Konfrontation auf diesem Gebiet für fruchtbar:

"Auch Probleme können durchaus für die einzelnen Gruppen produktiv sein. Die Erfahrungen der Prager Obdachlosen können die Berliner wieder dazu anregen, darüber nachzudenken, dass sie sich mittlerweile von dem entfernt haben, was sie mal gemacht haben. Ich sehe dieses Problem also eher mit einer gewissen Hoffnung, dass daraus wieder etwas Neues entsteht. Es kann schon mal knallen, aber das braucht es vielleicht auch mal."

Bis jetzt hat es nur auf der Bühne geknallt, den Zuschauern im Prager Klub Roxy hat es jedenfalls gefallen.