Stadt Ostrau will Obdachlose von bestimmten Orten verdrängen – NGOs warnen vor entsprechendem Erlass
Im mährisch-schlesischen Ostrava / Ostrau läuft derzeit die Eishockey-WM. Genau dort sollen künftig Obdachlose von bestimmten Orten verdrängt werden. Gegen die geplante Verordnung protestieren Hilfsorganisationen.
Martin Bednář (Partei Ano) ist Bürgermeister des Ostrauer Stadtbezirks Süd. Auch die Eishockey-Arena steht in diesem Teil der Industriemetropole. Bednář hat eine Verordnung ausgearbeitet, mit der in Zukunft Obdachlosen verboten werden soll, an bestimmten Orten in der Stadt zu übernachten oder auch tagsüber ihre Lager aufzuschlagen. Der Bürgermeister sagt:
„Natürlich besteht hier Freiheit, wir haben Demokratie. Aber man will ja zum Beispiel bei der Eishockey-WM nicht gerade, dass die Besucher die Obdachlosen sehen und ihnen sich das einprägt. Das heißt, dass bald die städtische Polizei wirklich sagen kann, dass die Betroffenen an dem Ort nicht schlafen dürfen.“
„Verordnung gegen das Biwakieren“ heißt der entsprechende Rechtsakt, mit dem schon bald Obdachlose verdrängt werden sollen. Bednář glaubt, dass es eigentlich genügend Nächtigungsmöglichkeiten für Menschen ohne Dach über dem Kopf gebe…
„Wenn sie wollten, dann haben sie die Möglichkeiten. Aber sie wollen nicht und geben die erforderlichen 30 Kronen lieber für etwas anderes als für eine Unterkunft aus“, so der Bürgermeister.
Genau das aber sehen Sozialarbeiter anders. Tomáš Hruška leitet die Obdachlosenheime der Heilsarmee in Ostrau und rechnet vor:
„Es gibt in der Stadt über 400 Menschen, die wirklich auf der Straße leben und nur ab und zu zum Duschen vorbeikommen. Wenn sie jetzt alle eine Unterkunft in den Obdachlosenheimen haben wollten, würde das nicht klappen. Denn ihre Zahl entspricht der Gesamtkapazität der Einrichtungen, die aber ohnehin schon belegt sind.“
Hruška betont zudem, dass jene Organisationen, die die meisten Obdachlosenunterkünfte anbieten, bisher nicht gefragt oder konsultiert wurden bei der Ausarbeitung der angedachten Verordnung. Dabei berichtet er von den Erfahrungen aus anderen tschechischen Städten.
„Noch nirgendwo hat solch eine Regelung dazu geführt, dass die Zahl der Menschen auf der Straße sinkt oder die Beschwerden über sie zurückgehen. Denn die Obdachlosen verschwinden ja nicht einfach, sondern suchen dann nach anderen Bleibemöglichkeiten. Das heißt, das Problem verlagert sich nur irgendwo anders hin. Und typischerweise steigt damit sogar noch die Zahl der Beschwerden“, sagt Tomáš Hruška.
Unter anderem verbietet das mittelmährische Olomouc / Olmütz seit 2020 das Biwakieren und Nächtigen im gesamten denkmalgeschützten Stadtzentrum und in Parks. Und seit 2021 gilt in Moravská Třebová / Mährisch Trübau ein ähnliches Verbot für alle öffentlichen Grünflächen.
Laut Tomáš Hruška helfen solche Maßnahmen jedoch nicht. Nötig sei hingegen geduldige Sozialarbeit, um den Menschen bei der Rückkehr in einen normalen Alltag zu helfen.
Noch ist die Verordnung in Ostrau nicht verabschiedet. Und zum Beispiel Sozialbürgermeister Zbyněk Pražák (Christdemokraten) schlägt vor, neben verbotenen Orten für das Nachtlager von Obdachlosen auch solche vorzuschlagen, wo genau dies möglich wäre. Abgestimmt werden soll im Juni, wahrscheinlich wird es dazu aber erst im September kommen.