Konferenz erinnert an Anfänge von "15 Jahre Kapitalismus in Tschechien"
In der Tschechischen Republik ist man gehörig vorangekommen seit der "Samtenen Revolution" im Jahre 1989. Der nach der Trennung von der Slowakei seit 1993 neu entstandene Staat konnte gerade 2005 auf tolle Zuwächse in Wirtschaft und Außenhandel verweisen, Tschechien ist seit knapp sechs Jahren Mitglied der NATO und seit gut 20 Monaten auch der Europäischen Union. Aber in den ersten Monaten und Jahren nach der Wende war es für Tschechen und Slowaken durchaus nicht einfach, einen erfolgreichen Weg in die Zukunft zu finden. An die heftig umstrittenen Gründerjahre nach der Revolution erinnerte am Dienstag in Prag eine Konferenz, bei der Lothar Martin zugegen war.
"Ich möchte vorausschicken, dass mir im Herbst vergangenen Jahres, als ich wie stets um diese Zeit nach Jubiläen für das kommende Jahr suchte, bewusst geworden ist, dass am 1. Januar dieses Jahres 15 Jahre seit dem scharfen Start unserer ökonomischen Transformation vergangen sind. Und ich kam zu dem Schluss, dass wir uns dessen bewusst werden müssen, weil es niemand anderes sonst tun würde."
In seiner Rede ließ Klaus dann auch keinen Zweifel daran, dass zu jener Zeit die Mehrheit der Bürger in der Tschechoslowakei keinen Kapitalismus wünschte, sondern einen so genannten dritten Weg, für den verschiedene Utopien vorgezeichnet wurden. Und zwar nicht in der Auseinandersetzung zwischen den Reformern und den Verteidigern der alten Ordnung, denn Letztere hätten schon gespürt, dass sie verloren haben. Der Entwicklung zu Demokratie und freier Marktwirtschaft hätten vielmehr andere einflussreiche Gruppierungen im Wege gestanden, sagte Klaus."Diejenigen, die die unabdingbaren Systemveränderungen tatsächlich bremsten und gefährdeten, waren andere Leute. Es waren zum einen die Reformkommunisten der 60er Jahre, die nach 1968 zum Großteil aus der Partei ausgeschlossen wurden. Ihre bedeutendsten Vertreter waren Milos Zeman, Valtr Komarek, Zdenek Jicinsky oder Miroslav Gregr. Es waren aber ebenso die Dissidenten der kulturellen und intellektuellen Sphäre mit Vaclav Havel, Jiri Dienstbier und Petr Pithart an der Spitze."
In Anlehnung an die in Tschechien gerade zu Ende gegangene erste Staffel des alternativen Big Brother-Formats "Vyvoleni" (die Auserwählten), beschrieb Klaus auch sogleich die Vorstellung, die die Ex-Dissidenten damals gehabt hätten:
"Die Welt sollte von einer Gruppe Auserwählter geführt werden, zu der sie selbst gehörten, und zwar gemeinsam mit den Rolling Stones und Bill Gates".
Auch wenn Klaus nach diesem Zitat die Lacher auf seiner Seite hatte, so war die Konferenz doch der erste Versuch, sich mit der Zeit der Weichenstellung nach der Wende ernsthaft auseinander zu setzen. Die seinerzeit vor allem für die tschechische Wirtschaft getroffenen Grundsatzentscheidungen werden auch Gegenstand unseres Wirtschaftsmagazins in 14 Tagen sein.