Bischof Maly: Politiker müssen sich für die Einhaltung der Menschenrechte in China interessieren

Bischof Vaclav Maly, foto: Autorin
0:00
/
0:00

Um die unabhängig Denkenden zu unterstützen, die sich für Freiheit und Menschenrechte in China einsetzen, unternahm der Prager Bischof Vaclav Maly in den vergangenen Tagen eine zweiwöchige inoffizielle Reise durch das "Reich der Mitte". Maly ist Vorsitzender des Rates "Iustitia et Pax", der bei der Tschechischen Bischofskonferenz tätig ist. Bischof Maly zufolge gehört es u. a. zu den Aufgaben des Rates, die Solidarität mit den vom totalitären Regime Verfolgten zum Ausdruck zu bringen. Als ehemaliger Dissident, der mit einer Verfolgung durch das kommunistische Regime Erfahrungen hat, entschied sich Vaclav Maly für einen Privatbesuch in China. Denn nur auf diese Weise konnte er dort mit unabhängigen Intellektuellen zusammentreffen. Während seiner ganzen Reise wurde Maly seinen Worten zufolge ununterbrochen von der chinesischen Geheimpolizei observiert. Martina Schneibergova fragte Bischof Maly nach seiner Rückkehr, wie Politiker seiner Meinung nach die chinesischen Bürgerrechtler unterstützen sollten:

Bischof Vaclav Maly,  foto: Autorin
"Es wäre notwendig, dass sich europäische Politiker mehr für die konkrete Lage der Menschenrechte interessieren. Es kommt mir vor, dass sie nur die Handelsmöglichkeiten sehen, die ihnen das immer offenere chinesische Wirtschaftssystem bietet. Sie sehen nur diesen Aspekt der Zusammenarbeit und vergessen die Verbindung zwischen den Geschäftsinteressen und den Menschenrechtsfragen. Es ist erforderlich, beide Aspekte zu verbinden. Des Weiteren ist es notwendig, während der Besuche in China auch konkrete Kontakte zu unabhängig denkenden Menschen zu haben, anstelle nur allgemein zu reden. Man muss sich für konkrete Menschen interessieren. Ich kann allen versichern, dass viele Leute in Peking nur darauf warten. Die Besuche der Politiker werden oft nur auf der Ebene der offiziellen Vertreter abgewickelt. Das ist schon in Ordnung, aber man vermisst Kontakte zu konkreten Menschen, die unabhängig denken. Wenn man von einer Öffnung Chinas gegenüber der Welt spricht, muss man nicht nur über eine ökonomische, sondern auch über eine politische und gesellschaftliche Öffnung sprechen."

Sie erzählten, dass Sie unter den unabhängig denkenden Intellektuellen eine Überraschung erlebten, was Vaclav Havel betrifft?

Vaclav Havel | Foto: Radio Prague International
"Es war für mich wirklich eine große Überraschung, dass diese Intellektuellen Werke von Vaclav Havel, vor allem seine Essays studieren und sich sehr stark dafür interessieren. Vaclav Havel stellt für sie ein Beispiel dar, das sie zur Transformation des politischen Systems in China motiviert und inspiriert. Neben Vaclav Havel lesen sie auch den polnischen Journalisten und Bürgerrechtler Adam Michnik. Vaclav Havel ist für sie ein Ideal der Ehrlichkeit und ein Symbol für einen gewaltlosen Übergang zur Demokratie."

Als ehemaliger Dissident, der in der Untergrundkirche tätig war, können Sie die Lage der Christen in China mit der Lage in der Tschechoslowakei vor der Wende vergleichen. Gibt es da bestimmte Unterschiede?

"Es gibt da bestimmte Unterschiede. Bei uns in der ehemaligen kommunistischen Tschechoslowakei wurden praktisch keine Wirtschaftsreformen durchgeführt. In China gibt es tief greifende Änderungen im Wirtschaftsbereich, aber sie wurden nicht von einer Lockerung des sehr harten kommunistischen Systems begleitet. Die Menschenrechte werden in China immer noch sehr hart unterdrückt. Es wurde mir gesagt, dass die Lage, was die Einhaltung der Menschenrechte anbelangt, in den letzten zwei Jahren sogar noch schlechter als zuvor geworden ist. Das ist eine Warnung für uns alle."