Prager Sportevents: Skandal bei Radkriterium - Basketball-Gala hilft Kindern der Dritten Welt
Im heutigen Sportreport berichtet Lothar Martin über zwei Prager Sportevents, die sehr unterschiedliche Reaktionen bezüglich ihrer Vorbereitung und Organisation hervorgerufen haben.
Die Tour de France, das härteste Etappen-Radrennen der Welt, ist wegen ihrer Sogkraft und der 1A-Vermarktung eines der Top-Sportereignisse unseres Planeten überhaupt. Und wenn man im TV- und Internetzeitalter die Pedaleure drei Wochen lang hautnah bei Wind und Wetter Kilometer bolzen und steile Berge empor fahren sieht, dann kann man mit Fug und Recht sagen: Jeder, der das Endziel in Paris erreicht, ist sein Startgeld wert. Deshalb folgen den Strapazen der Le Tour stets örtliche Einladungsrennen, die eine Art Zahltag darstellen für die Besten der Besten, wenn sie sich den Radsportfans noch einmal in lockerer Atmosphäre präsentieren. Ein solches Rennen sollte wie schon im vergangenen Jahr auch diesmal - vor genau einer Woche - in Prag stattfinden. Doch das ursprünglich auf 64 km angesetzte Kriterium auf dem Wenzelsplatz geriet letztlich zum Fiasko...
Doch der Reihe nach. Wie im Vorjahr, so hatten die Veranstalter der Gesellschaft Triathlon Praha erneut keine Mühe gescheut, um nach Lance Armstrong mit Jan Ullrich auch in diesem Jahr einen absoluten Topfahrer zu einem Show-Rennen in die Moldaustadt zu holen. Doch dafür wollte man offensichtlich an den Kosten sparen, wie sich später herausstellen sollte. Bei der am 27. Juli kurz nach Mittag in einer zentral gelegenen Pizzeria stattgefundenen Pressekonferenz war allerdings noch nichts zu ahnen von dem großen Ärger, der sich zwei Stunden vor dem Rennen in einer heißen Diskussion entzünden sollte. Daher grüßte der Tour-Dritte Jan Ullrich zu Konferenzbeginn auch noch artig in die Presserunde:"Erst einmal danke ich für das Willkommen. Ich freue mich, dass ich wieder hier bin nach zwölf Jahren, denn 1993 bin ich schon als Amateur-Weltmeister in Prag gefahren. Ich freue mich auf das heutige Rennen."
Und nicht nur auf das Rennen herrschte bei Ullrich große Vorfreude, sondern auch auf die Stunden danach:
"Ich bin heute erst kurz vor der Pressekonferenz angereist, werde aber den Abend noch nutzen, mir die Stadt zeigen zu lassen. Meine Freundin ist mitgekommen, und auch sie freut sich darauf, das schöne Prag kennen zu lernen. Ich freue mich ebenso, es sollte daher ein langer Abend werden!"
Vor dem abendlichen Kehraus mit Freundin Sara Steinhauser aber stand Jan Ullrich erst einmal in der Pressekonferenz seinen Mann, in der er die Fragen der Kollegen, die sich vor allem noch einmal um die Tour de France drehten, mit Bedacht und Esprit beantwortete. Zu seiner dabei gezeigten eigenen Leistung sagte der T-Mobil-Kapitän:
"Ich war sicher dieses Jahr bereiter als manch andere Jahre, die Tour auch gleich in der ersten Woche gut mitzubestimmen. Die Stürze haben mich allerdings schon gehandicapt. Ich hatte einen Schock, eine Gehirnerschütterung und wahnsinnig schmerzhafte Rippenprellungen. Doch ich möchte eigentlich gar nicht wissen, was hätte sein können, wenn das nicht passiert wäre. Doch es ist halt passiert, die Tour ist zu Ende, Lance hat gewonnen und ich bin Dritter geworden. Daher möchte ich nicht weiter spekulieren."
Mit Alexander Winokurow und Andreas Klöden hatte das deutsche T-Mobil-Team bei der diesjährigen Tour noch zwei weitere heiße Anwärter auf eine Top-Einzelplatzierung in seinen Reihen. Auf die Frage, ob diese Konstellation nicht der Konzentration auf seine eigenen Ambitionen geschadet habe, antwortete Ullrich:
"Nein, ich sehe das anders: Dieses Jahr war es unsere Stärke, mit mehreren guten Leuten in die Tour zu gehen und auch nicht direkt zu zeigen, wer der Kapitän ist. Ich denke mal, wir haben auch versucht anzugreifen und ´Wino´ war dann ebenso bereit, für mich zu fahren. Er hat natürlich auch seine eigene Chance genutzt, als klar war, dass ich der bessere Mann bin. Ich kann es aber verstehen, dass er nächstes Jahr noch mehr probieren möchte. Daher wechselt er auch das Team, um selbst Kapitän zu sein. Aber es geht natürlich nicht, zwei ´richtige´ Kapitäne während einer Rundfahrt in einer Mannschaft zu haben. Das geht auf keinen Fall."
Auch mit drei Top-Leuten ist es T-Mobil also nicht gelungen, den großen Lance Armstrong zu schlagen, der nach seinem siebten Toursieg nun das Rad an den berühmten Nagel gehängt hat. Tatsachen, die Ullrich mit einem weinenden und einem lachenden Auge sieht:
"Ich bin immer gern gegen Lance gefahren, doch als Sportsmann bin ich schon mehr mit dem weinenden Auge unterwegs, denn ich hätte ihn noch gern einmal geschlagen. Lance ist derjenige, der sieben Mal hintereinander die Tour gewonnen hat, und als Ehrgeiz hätte ich mir schon noch vorgenommen, ihn doch noch zu packen. Leider hört er jetzt auf, das ist ein Verlust für den Radsport insgesamt. Nur, das Leben geht weiter, der Radsport geht weiter, und nächstes Jahr werden andere Gegner kommen."
Das mit Sicherheit, doch ist nicht der 31-jährige, in Rostock geborene Ullrich, der 1997 die Tour schon einmal gewann und danach fast immer als Zweiter nach Pantani und Armstrong im Gesamtklassement einkam, nun der logische Favorit? Dazu erwiderte der heute im schweizerischen Sterzing lebende Ausnahmefahrer:
"Ich werde natürlich gerade von den Deutschen sehr in diese Rolle hineingepresst. Jetzt, wo der große Lance aufgehört hat, können (für sie) ja nur noch Ullrich oder Basso gewinnen. Aber ich denke einmal, dass es wie jedes Jahr wieder ein Kampf wird, dass andere Leute hinzukommen. Ivan Basso bereitet sich sicher wieder richtig gut auf die nächste Tour vor. Ich werde mich ebenso gut vorbereiten, denn mir bleibt ja auch nicht mehr soviel Zeit, mein großes Ziel, die Tour erneut zu gewinnen, zu realisieren. Also, wir werden sehen."
Gut aussehen wollte Jan Ullrich aber auch schon beim Kriterium in Prag, zumal das Rennen vom Vortag den schlechten Witterungsverhältnissen zum Opfer gefallen war:
"Ja, gestern bin ich in Graz gestartet, wo es mir letztes Jahr sehr gefallen hat und wo ich damals auch gewinnen konnte. Doch dieses Jahr war es sehr, sehr unglücklich für das Publikum, für den Veranstalter und für uns Fahrer, dass es genau in der Zeit, in der das Rennen lief, ein wahnsinniges Gewitter gab, bei dem man einfach auf diesem Kurs nicht mehr fahren konnte. Es kam dann zu vielen Stürzen, so dass man entschieden hat, das Rennen abzubrechen. Das war das Richtige für alle, andererseits aber auch schade für alle, doch heute wird uns das hoffentlich nicht passieren."
Nun, das Wetter hielt, was es versprach. Doch das konnte man von den Organisatoren des Rennens leider nicht behaupten. Anders als vereinbart wollten sie die Spitzenfahrer nicht schon vor dem Start bezahlen. Auch eine zweistündige Krisensitzung im Hotel brachte keine Lösung. Daher entschieden sich Ullrich, Armstrong-Helfer George Hincapie (USA) und andere Fahrer, bei diesem Rennen letztlich nicht zu starten. Das daraufhin verkürzte Kriterium, das ein Minifeld von 20 Fahrern bestritt, gewann dann mit dem Italiener Gilberto Simoni der einzig verbliebene Spitzenfahrer.
Mit dem organisatorisch misslungenen Radkriterium konnte sich also die "Goldene Stadt" nicht in goldenen Lettern als Sportmetropole empfehlen. Dafür könnte schon eher eine andere Veranstaltung sorgen, die hier am Montag, dem 15. August, in der Sazka Arena stattfindet: die Benefiz-Aktion "Zurück in die Schule - Basketball den Kindern". Dies ist ein Reigen sportlicher und kultureller Darbietungen, der seinen Höhepunkt findet in einer Basketball-Gala zweier Mannschaften - dem Team Welsch und einer Prominenten-Auswahl. Star dieser Begegnung ist zweifellos Jiri Welsch, der derzeit einzige tschechische Basketballer, der in der nordamerikanischen NBA auf Korbjagd geht. Der sympathische Zwei-Meter-Mann, der an ähnlichen Veranstaltungen schon oft in den USA teilgenommen hat, sagte sogleich zu, als die Direktorin des Tschechischen UNICEF-Ausschusses, Pavla Gomba, an ihn herantrat, eine solche Aktion auch in Tschechien durchzuführen. Nach nahezu einjähriger Vorbereitung wird diese Benefiz-Veranstaltung nun auch in Prag ihre Premiere haben. Neben einem reichhaltigen Musikprogramm und einer Ausstellung von Schulzeugnissen heutiger Prominenter wird es auch zu einer Versteigerung kommen, zu der Jiri Welsch ein kostbares Utensil beisteuern wird:
"Es wird selbstverständlich auch eine Versteigerung von interessanten Gegenständen organisiert, einer davon wird ein Originaltrikot der Boston Celtics sein, das ich getragen habe, als ich bei diesem Club gespielt habe. Von meinem aktuellen Team, den Milwaukee Bucks, habe ich leider noch kein Dress. Doch mein ehemaliges NBA-Trikot wird eines der Sachen sein, die versteigert werden und dessen Erlös wird zum Gesamtergebnis der Aktion und damit zur UNICEF-Hilfe beitragen."
Der Erlös der gesamten Veranstaltung kommt der Finanzierung eines umfangreichen Bildungsprogramms für die Kinder der Dritten Welt zu Gute. Wünschen wir der Aktion also daher einen größtmöglichen Erfolg!