Prager Altersheime: durchschnittliche Wartezeit vier Jahre

Foto: Europäische Kommission
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Einen geruhsamen Lebensabend in der vertrauten Umgebung, das wünschen sich wohl die meisten Senioren - in Tschechien genau wie anderswo. Gerade wenn die älteren Menschen pflegebedürftig werden, sind sie aber oft auf professionelle Hilfe angewiesen. Ein Ausweg ist das Altersheim. In Prag betragen die Wartenzeiten auf einen Heimplatz allerdings bis zu zehn Jahre. Thomas Kirschner berichtet.

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Prager Senioren, die einen Platz im Altersheim sicher haben möchten, müssen sich frühzeitig Gedanken um die Zukunft machen. Im Durchschnitt vier Jahre betragen die Wartefristen für ein Doppelzimmer, für ein Einzelzimmer und in den beliebteren Heimen noch um einiges länger. Mit Wartezeiten von acht bis zehn Jahren am gefragtesten sind so genannte "Pensionen" für betreutes Wohnen, erläutert Marie Susterova vom städtischen Informationszentrum für soziale Dienste KONTAKT.

"In der Millionenstadt Prag gibt es nur drei Heime für betreutes Wohnen - das ist wirklich wenig. Dann unterstehen dem Magistrat noch etwa 17 reguläre Altersheime. Vor allem in den Wohnanlagen, die nach Bedarf auch Pflegedienstleistungen anbieten, gibt es einen großen Mangel an Plätzen. Bei den Menschen, die privat zur Miete leben, herrscht nämliche große Angst vor einer Freigabe der staatlich regulierten Mieten, und so versuchen sie in eine staatliche Wohnanlage umzuziehen, um sich so für das Alter abzusichern."

Mit der Not der Senioren machen auch Betrüger ihr Geschäft. Die auflagenstärkste Tageszeitung des Landes, Mlada fronta Dnes, deckte unlängst den Fall einer vorgeblichen Vermittlerin auf, die gegen entsprechende Bezahlung versprach, ihre angeblichen Kontakte bei den Behörden zu nutzen. Der Preis für einen Heimplatz: 22.500 Kronen, deutlich mehr als ein durchschnittliches Monatsgehalt. Wie es scheint, hat die Betrügerin nur abkassiert - auf eine Verstrickung der Behörden in den Fall gab es keinen Hinweis. Über offene Korruptionsfälle hat man im Infozentrum KONTAKT keine Belege, die Leiterin Marie Susterova weist jedoch darauf hin, dass die Konkurrenz um die Plätze zu durchaus fragwürdigen Methoden geführt hat.

"In unserer Beratungsstelle haben wir haben keine Berichte darüber, dass jemand direkt Geld gezahlt hätte, um schnell einen Platz in einem Altersheim zu bekommen. Es gibt aber ein anderes Problem. Als Übergangslösung ist es möglich, pflegebedürftige Menschen in einem Krankenhaus für Langzeiterkrankungen unterzubringen. Aber auch die platzen aus allen Nähten. Einige Leute haben daher angefangen, den Krankenhäusern eine finanzielle Spende anzubieten, und dann findet sich plötzlich ein Platz. Darüber bekommen sie eine ordentliche Spendenquittung und das ist keine Korruption, sondern eine wirkliche Hilfe für die Krankenhäuser - aber die besser Verdienenden haben dadurch einen besseren Zugang zur Pflege, und die Krankenhäuser unterstützen dieses Vorgehen, und ich meine, das ist nicht richtig."

Was aber kann Marie Susterova Angehörigen raten, die mit einem schwer pflegebedürftigen Senioren nicht mehr zurechtkommen?

"Wir haben nicht nur Kontakte zu Einrichtungen in Prag, sondern auch darüber hinaus. Dort ist die Chance auf einen Heimplatz um vieles größer. Wenn die Situation wirklich ernst und dringend ist, dann helfen wir der Familie vorläufig einen Heimplatz so etwa im Umkreis von bis zu 100 Kilometern um Prag zu finden, und zugleich kann sie einen Antrag auf einen Platz in einem Prager Altersheim stellen."

Marie Susterova macht aber klar, dass dies nur eine Lösung für Notfälle sein kann, denn das Wichtigste für alte Menschen sei es, in einer vertrauten Umgebung zu bleiben. Deshalb setzt sie sich vor allem für einen Ausbau der häuslichen Pflegedienste ein, die den Senioren so lange wie möglich ein eigenständiges Leben daheim ermöglichen. Das Problem liegt dabei gar nicht einmal am fehlenden Angebot. Viele Prager Senioren wissen schlichtweg nicht, dass es noch andere Möglichkeiten gibt als das Altersheim.