Präsident Klaus gegen Multikulturalismus

Präsident Vaclav Klaus
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Der tschechische Präsident Vaclav Klaus hat erneut eine gesellschaftspolitische Debatte ausgelöst. Nicht einmal zwei Monate ist es her, als er den Begriff der "Postdemokratie", also der Gefahr der Nichtregierungsorganisationen für die Gesellschaft und für den Staat formulierte. Nun äußerte sich Klaus zum Multikulturalismus in Europa. Mehr dazu von Bára Procházková:

Einer der Gründe für die terroristischen Anschläge sei die Offenheit Europas gegenüber von Immigranten, sagte Vaclav Klaus in einem Interview für die Wochenendausgabe der Tageszeitung Mlada Fronta Dnes. Die Massenmigration sei eine falsche Ideologie. Es existiere kein Anspruch oder kein allgemeines Menschenrecht darauf, sich an jeder beliebigen Stelle auf der Welt herumzutreiben, erklärte Klaus wörtlich. Der Multikulturalismus sei eine antiliberale Ideologie, ein tragischer Irrtum der westlichen Gesellschaft - diese Worte von Klaus haben in Tschechien eine Diskussion über die Migration und über den Multikulturalismus ausgelöst. Der Politologe Jiri Pehe kommentiert die Aussagen von Klaus im Hinblick auf die Folgen für den europäischen Arbeitsmarkt:

"Vaclav Klaus sagt es selbstverständlich aus populistischen Gründen und auch weil er ein traditioneller Nationalist der Mitte des 19. Jahrhunderts ist, er selbst ist also davon fest überzeugt. Ich bin der Meinung, dass er an dieser Stelle in einen Konflikt mit seinen anderen Meinungen tritt, also mit dem von ihm proklamierten Liberalismus. Ich denke, es ist nicht möglich, die Immigration zu verbieten oder aus Angst vor Multikulturalismus zu beschränken, und gleichzeitig zu wollen, dass Europa wirtschaftlich prosperiert. Es ist bekannt, dass Europa älter wird und dass nicht genug Kinder geboren werden. Falls also Europa sein Wirtschaftswachstum beibehalten will, muss es Immigranten aufnehmen."

Die Mehrheit der konservativen Politiker unterstützt die Meinung von Klaus, dass sich Immigranten im neuen Land vollständig anpassen sollen. Der bürgerdemokratische Parteivorsitzende Miroslav Topolanek reagierte auf die Worte von Klaus, dass Europa unter einem Multikulturalismus leide, der seine eigene Kultur von innen zerstört. Bei den Sozialdemokraten stieß Klaus jedoch nur auf wenig Zustimmung. Der tschechische Ministerpräsident Jiri Paroubek zeigte sich mit Klaus nicht einverstanden und lehnte ab, dass die Offenheit Europas gegenüber von Immigranten ein wesentlicher Grund für den Terrorismus wäre. Der sozialdemokratische Vizepremier Zdenek Skromach sagte, die Vorstellungen von Klaus entsprächen nicht der Realität. Der Christdemokrat Miroslav Kalousek ist der Meinung, dass der Einfluss von anderen Kulturen Tschechien in wesentlichem Maße bereichert habe. Ein Kommentar dazu vom Politologen Jiri Pehe:

"Der Gedanke, dass sich Menschen voll assimilieren sollen, ist sehr abwegig. Denn Menschen, die in andere Länder kommen, bringen, ob sie wollen oder nicht, ihre Kultur mit. In jedem Land gibt es eine gewisse rechtliche Basis, die klar vorschreibt, was sie machen müssen, um zum Beispiel Bürger des jeweiligen Landes zu werden oder eine langfristige Aufenthaltserlaubnis zu bekommen. Keiner kann aber diese Menschen zwingen, ihre Kultur aufzugeben, zu Hause oder in der eigenen Kommunität ihre Sprache nicht zu sprechen sowie ihre nationale Kleidung oder Trachten nicht zu tragen."