Johannes-Mathesius-Gesellschaft - ein Partner im tschechisch-deutschen Austausch
In unseren Sendungen haben wir bereits mehrfach über tschechisch-deutsche Veranstaltungen der Ackermann-Gemeinde berichtet, einer von Sudetendeutschen Katholiken gegründeten Organisation. Im Rahmen der vor kurzem in Prag organisierten ökumenischen Begegnungstage präsentierte sich neben der Ackermann-Gemeinde noch eine andere Gesellschaft, die von Sudetendeutschen Christen ins Leben gerufen wurde. Die Johannes-Mathesius-Gesellschaft wurde nach dem Pädagogen und Tischgenossen Martin Luthers, Johannes Mathesius, benannt, der im nordböhmischen Jáchymov/Joachimsthal wirkte. Mehr über die Gesellschaft hat Martina Schneibergova von Horst Schinzel erfahren, der die Gesellschaft während der Begegnungstage in Prag vertrat:
"Man sagt normalerweise, dass die Sudetendeutschen katholisch sind, aber fünf Prozent der Sudetendeutschen sind evangelisch. Sie berufen sich auf die Reformation, und gerade aus Nordböhmen war es sehr nahe zur reformatorischen Hauptgegend - zu Wittenberg und zu Sachsen. Da sind einfach im 15. Jahrhundert die Einflüsse der europäischen Reformation, also nicht nur der Wittenbergischen, sondern auch der Schweizer, einfach über die Berge gerade in die Bergarbeiterstadt Jáchymov gedrungen."
Die Mathesius-Gesellschaft ist also erst nach der Vertreibung in Deutschland entstanden?
"Ja, es haben sich zuerst die evangelischen Sudetendeutschen zusammengeschlossen. Dann hat man gesagt, da Mathesius der Hauptvertreter der Lutherischen Reformation ist, dass wir ihn besonders ehren. Wobei wir natürlich auch wissen, dass Böhmen und Mähren ein reichhaltiges reformatorisches Erbe hat, das weit über das Lutherische hinausgeht."
Über das Engagement der Johannes-Mathesius-Gesellschaft im Bereich der tschechisch-deutschen Beziehungen sagte Horst Schinzel:
"Es gibt Treffen, wobei man natürlich sagen muss, dass der Alterungsprozess immer mehr zugenommen hat. Aber es gibt auch jüngere Leute. Gerade die Jugendarbeit ist uns sehr wichtig, und auch in diesem Jahr soll ein Jugendtreff zwischen deutschen und tschechischen Jugendlichen stattfinden."
An den internationalen Begegnungstagen in Prag hob Horst Schinzel vor allem folgenden Aspekt positiv hervor:
"Einfach, dass man miteinander reden kann, und es hat sich auch vorher im Gespräch ergeben, es ist ja gar nicht so einfach, miteinander zu reden, weil es doch viele Spezialwörter gibt, wo wir immer Schwierigkeiten haben, wie wir diese theologischen Ausdrücke in die andere Sprache übersetzen. Deshalb ist es vielleicht verständlich, dass die großen Streitereien zwischen beiden Völkern auch dadurch entstanden sind, dass man sich gegenseitig nicht verstanden hat."
Wonach fragen die Leute am häufigsten, wenn sie an Ihrem Stand vorbeigehen?
"Sie sind interessiert an der Geschichte und über das Land etwas zu erfahren, weil doch viele Sachen in den letzten vierzig oder fünfzig Jahren nicht mehr so offen ausgesprochen sind. Und sie freuen sich, dass man Traditionen des eigenen Landes wieder hört."